Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4b O 161/10) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. Februar 2021 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 700.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem Gegenstand des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents ...8 (Klagepatent; Anlage K 1). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten noch auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 14.07.1997 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 18.07.1996 eingereicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 05.12.2001 im Patentblatt bekannt gemacht. Der deutsche Teil des Klagepatent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE ...3.8 geführt. Das Klagepatent ist mit Ablauf des 14.07.2017 erloschen.
Einen gegen das Klagepatent erhobenen Einspruch wies die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts durch Beschluss vom 11.04.2006 zurück. Auf eine von dritter Seite erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht durch Urteil vom 28.06.2011 (Az.: 3 Ni 10/10 (EU); Anlage CBH 30; BeckRS 2012, 2654) das Klagepatent für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Auf die Berufung der Patentinhaber hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 19.04.2016 (Az.: X ZR 148/11; Anlage K 33; GRUR 2016, 1027 - Zöliakiediagnoseverfahren) diese Entscheidung abgeändert und die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der Sprue oder Zöliakie. Der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:
"Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der Sprue oder Zöliakie, dadurch gekennzeichnet, daß Antikörper gegen Gewebe-Transglutaminase (tTG) aus Körperflüssigkeiten durch eine Immunreaktion mit Gewebe-Transglutaminase (tTG), deren immunreaktiven Sequenzen oder Analoga nachgewiesen werden, wobei die Immunreaktion nicht mit einem Gewebeschnitt eines tierischen oder menschlichen Gewebes durchgeführt wird."
Die Beklagte zu 1. ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglich als A. GmbH firmierenden A. Vertriebs GmbH (nachfolgend: A. GmbH), einer im Jahr 2000 gegründeten Gesellschaft, die auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung diagnostischer Geräte von Autoimmunerkrankungen tätig gewesen ist und zu deren Produktpalette u.a. so genannte ELISA-Tests gehört haben. Die A. GmbH wurde im Jahre 2010 auf die Beklagte zu 1. verschmolzen. Bei der Beklagten zu 2. handelt es sich um die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 3. war vom 05.01.2002 bis zum 05.12.2010 Geschäftsführer der A. GmbH und ist seit dem 06.12.2010 Geschäftsführer der Beklagten zu 2.
Die Beklagte zu 1. bzw. zuvor die A. GmbH hat unter der Bezeichnung "X.1" (Katalognummer ...) und "X.2" (Katalognummer ...) Testsysteme zum Nachweis der Zöliakie angeboten und vertrieben (angegriffene Ausführungsform I).
Außerdem hat die A. Vertriebs GmbH vertrieben bzw. vertreibt die Beklagte zu 1. Produkte mit den Bezeichnungen "X.1 New Generation" (Katalognummer ...), "X.2 New Generation" (Katalognummer ...), "X.2A Neue Generation" (Katalognummer ...) und "X.3 Neue Generation" (Katalognummer ...) (nachfolgend zusammen: angegriffene Ausführungsform II). Bei diesen handelt es sich um Festphasen-Enzym-Immunassays für die quantitative und qualitative Bestimmung von Antikörpern gegen Gliadin-tTG-Komplexe (von den Beklagten als "Neo-Epitope" bezeichnet) in menschlichem Serum.
Als Anlage K 8 (deutsche Übersetzung Anlage K 8a) hat die Klägerin eine englischsprachige Werbebroschüre der Beklagten zu 1. bzw. ihrer Rechtsvorgängerin vorgelegt, auf deren letzter Seite sich die Angabe "....." findet und auf deren Deckblatt ein Hinweis auf die Vorstellung einer neuen Studie bei der "ICDS 2009" angebracht ist. Diese Werbebroschüre (S. 3) enthält u.a. das nachfolgend wiedergegebene Schaubild zur Bildung so genannter Neo-Epitope:
((Abbildung))
Die angegriffene Ausführungsform II wird in dieser Werbebroschüre in der deutschen Übersetzung wie folgt beschrieben:
"Aufgrund seiner speziellen Formulierung ist der X. der neuen Generation in der Lage drei verschiedene Arten von Antikörpern nachzuweisen:
- Antikörper gegen tTG
- Antikörper gegen desamidierte Gliadinpeptide ("deamidated Gliadin peptides")
- Antikörper gegen Neo-Epitope16...