Leitsatz (amtlich)
1. Hatte das erstinstanzliche Gericht zu einer Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs keine Veranlassung und hat es seine Zuständigkeit konkludent bejaht, so ist das Berufungsgericht daran gebunden (im Anschluss an BGH NJW 1994, 387).
2. Materiell-rechtliche Einwendungen gegen die vollstreckbare Kostenrechnung eines Notars kann der Kostenschuldner nur mit der Beschwerde, nicht aber mit der Vollstreckungsgegenklage geltend machen.
Normenkette
GVG § 17a; KostO § 156
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 2 O 360/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Erstbeklagten wird das am 12.12.2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Kleve abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Im Jahre 1984 erteilte der beklagte Notar der Klägerin für Beurkundungen drei Kostenrechnungen, die er im Jahre 1985 mit Vollstreckungsklauseln – in zwei Fällen durch den Zweitbeklagten als seinen amtlich bestellten Vertreter – versah.
Im Jahre 2001 betrieb der Erstbeklagte wegen der Rechnungsbeträge die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin.
Die Klägerin erhob daraufhin zunächst gegen beide Beklagten Vollstreckungsabwehrklage und berief sich auf Erfüllung und Verjährung, hilfsweise auf Verwirkung. Vor dem LG hat die Klägerin die Klage gegen den Zweitbeklagten zurückgenommen.
Durch das angefochtene Urteil hat das LG die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Kostenberechnungen des Erstbeklagten sämtlich für unzulässig erklärt.
Dagegen richtet sich die Berufung des Erstbeklagten, der die Vollstreckungsgegenklage für unzulässig hält, weil der Rechtsweg wegen der Einwendungen gegen seine Kostenrechnungen zum Prozessgericht nicht eröffnet sei, die Klägerin vielmehr die Einrede der Verjährung mit der Kostenbeschwerde nach § 156 KostO geltend machen müsse.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abweisung der Klage als unzulässig.
1. Zwar ist dem Erstbeklagten zuzugeben, dass der Senat an einer Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs gem. § 17a Abs. 5 GVG gehindert ist. In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass im Verhältnis zwischen freiwilliger Gerichtsbarkeit und ordentlicher streitiger Gerichtsbarkeit die §§ 17 bis 17b GVG entsprechend anwendbar sind. Die Unterschiede der beiden Verfahrensarten rechtfertigen es, Kompetenzkonflikte zwischen ihnen wie Rechtswegstreitigkeiten zu behandeln (BGH v. 5.4.2001 – III ZB 48/00, MDR 2001, 951 = BGHReport 2001, 524 = NJW 2001, 2181; v. 29.7.1991 – NotZ 25/90, BGHZ 115, 275 [284] = MDR 1992, 185). Dies gilt uneingeschränkt, soweit es um die sog. echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geht (vgl. BGH v. 29.7.1991 – NotZ 25/90, BGHZ 115, 275 [284] = MDR 1992, 185), also um die Verfahren, in denen das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit materiell rechtskräftig über subjektive Rechte zwischen den Beteiligten entscheidet, die sich im entgegengesetzten Interesse gegenüberstehen. Gleiches gilt für Antragsverfahren, zu denen das Beschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO gehört (BGH v. 5.4.2001 – III ZB 48/00, MDR 2001, 951 = BGHReport 2001, 524 = NJW 2001, 2181). Auf der anderen Seite wird die analoge Anwendung des § 17a GVG einheitlich abgelehnt, soweit es um Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geht.
Es mag davon ausgegangen werden, dass den Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Anwendung von § 17a GVG entgegensteht. Solche Gründe finden sich indessen nicht für das Verfahren der Notarkostenbeschwerde. Bei ihm handelt es sich typischerweise um ein Antragsverfahren, mit dem Ziel, eine streitige Kostenrechnung des Notars gerichtlich überprüfen zu lassen. Zwar nimmt der Notar auch in diesem Verfahren nicht die Stelle eines Beschwerdegegners oder eines sonstigen Verfahrensbeteiligten ein, sondern diejenige einer ersten Instanz. Deshalb ist für die Anfechtung der Kostenrechnung des Notars sogleich die Beschwerde zu den Landgerichten gegeben. Ungeachtet dessen ist aber dem Notar in diesen Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO die Stellung eines Verfahrensbeteiligten einzuräumen, weil er durch die angestrebte Abänderung der Kostenrechnung in eigenen Rechten beeinträchtigt würde. In diesem Rahmen steht ihm auch das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gem. § 156 Abs. 2 KostO zur Verfügung. Diese Umstände machen das vorliegende Verfahren zu einem sog. echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (ebenso KG DNotZ 1973, 42; ZZP 1973, 441 m. Anm. Grunsky). Dabei soll keineswegs übersehen werden, dass die Einwendungen gegen die Kostenberechnung nach § 156 Abs. 1 S. 1 KostO im Wege der Beschwerde nach den Vorschriften der ZPO geltend zu machen sind. Denn es ist anerkannt, dass die Beschwerdekammer des LG die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen von Amts wegen zu veranlassen und die ihm notwendig und geeignet erschein...