Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB bei Vorliegen eines Baumangels.
2. Zur Gewährleistungspflicht des Vermieters bei aufgetretener Dachundichtigkeit.
3. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unerheblichkeit des Mangels trägt der Vermieter.
4. Den Vermieter hat den Mieter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Gebrauchsgewährung auch gegen von Dritten ausgehende Störungen des vertragsgemäßen Gebrauchs zu schützen.
5. Der Mieter eines Ladenlokals kann grundsätzlich verlangen, dass der Vermieter ihm einen ungestörten Geschäftsbetrieb ermöglicht. Hierzu gehört der freie Zugang ebenso wie die Möglichkeit einer ungestörten Schaufensterwerbung.
6. Streitigkeiten oder Beleidigungen unter Mitmietern können im Regelfall nur dann als Störung des vertragsgemäßen Gebrauchs eingestuft werden, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum hinziehen und nach Art und Ausmaß nicht mehr dem Bagatellbereich zuzuordnen sind.
7. Die Anwendbarkeit des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB setzt nicht die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung voraus.
8. Wird mit der Fristsetzung eine andere Maßnahme als die Kündigung, etwa eine Ersatzvornahme oder - wie hier - eine Minderung, angedroht, kann die Kündigung wegen des darin liegenden widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nicht bereits nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Abhilfefrist wirksam erklärt werden, sondern erst nach erfolglosem Ablauf einer neuen Frist.
9. Der Mieter ist für die Voraussetzungen des § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtig.
10. Zur Darlegungslast des Mieters, der die fristlose Kündigung auf ein störendes Verhalten durch eine Vielzahl von Beeinträchtigungen eines anderen Mieters stützt.
11. Die Störung des Hausfriedens i.S.d. § 569 Abs. 2 BGB muss in ihrem Ausmaß und ihrer Dauer die Toleranzschwelle in hohem Grade überschritten haben und die Vertragsfortsetzung für den anderen Teil unzumutbar machen. Einmalige oder vereinzelte Vorfälle genügen ebenso wenig wie Störungen, die dem Bagatellbereich zuzuordnen sind.
12. Zur Angemessenheit der Frist i.S.d. § 314 Abs. 3 BGB.
Normenkette
BGB § 314 Abs. 3, § 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 1, 2 Nr. 1, § 569 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 23.05.2007; Aktenzeichen 5 O 717/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 23.5.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Entscheidung. Das LG hat den Beklagten jedenfalls im Ergebnis zutreffend zur Zahlung von 12.064 EUR zzgl. im Einzelnen ausgeführter Zinsen verurteilt. Das beruht, soweit das Berufungsvorbringen des Beklagten Anlass zur Erörterung gibt, auf folgenden Erwägungen:
I. Miete bzw. Nutzungsentschädigung April bis 12.6.2006
Für die Monate April bis zur Rückgabe der Schlüssel am 12.6.2006 mag es dahinstehen, ob das Mietverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (nachfolgend: fristlose Kündigung) des Beklagten vom 6.4.2006 beendet worden ist oder nicht.
War die Kündigung unwirksam, folgt die unbeschränkte Zahlungspflicht des Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Miete aus § 535 Abs. 2 BGB. Auf etwaige, vom Kläger bestrittene Baumängel kann sich der Beklagte gegenüber seiner Zahlungspflicht ebenso wenig berufen, wie auf die behaupteten Belästigungen durch die Mieterin Perez, denn die Parteien haben die Minderung gem. § 8 Nr. 1 MV in wirksamer Weise ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, die von dem in § 8 Nr. 1 MV vereinbarten Ausschluss von Aufrechnung und Zurückbehaltung erfasst wird. Einen Ausnahmefall nach § 8 Nr. 1 Satz 2 MV hat der Beklagte nicht dargelegt. Dementsprechend scheitert auch die Aufrechnung des Beklagten mit etwaigen - ebenfalls bestrittenen - Schadensersatzforderungen.
War die fristlose Kündigung demgegenüber wirksam, folgt die Zahlungspflicht des Beklagten aus § 546a Abs. 1 BGB, denn der Kläger hat die Mietsache erst mit Rücksendung der Schlüssel am 12.6.2006 zurückerhalten. Ein frühere Rückgabe hat der Beklagte nicht bewiesen. Seine Behauptung, der Hausmeister des Klägers habe die Rücknahme der Schlüssel verweigert, ist unsubstantiiert. Im Übrigen ist auch nicht dargetan, dass der Hausmeister zur Rücknahme der Schlüssel bevollmächtigt war. Der Aufrechungs- und Minderungsausschluss erfasst auch Ansprüche aus § 546a BGB.
Damit steht dem Kläger für den vorgenannten Zeitraum ein Zahlungsanspruch i.H.v. 3.619,20 EUR (= 1.508 EUR +1.508 EUR +1.508 EUR: 30 × 12 Tage) zu.
II. Miete bzw. Nutzungsentschädigung vom 13.06. bis 11/2006
Für die Z...