Leitsatz (amtlich)
1. Im Internet gewonnene und anschließend veräußerte Adressdateien sind mangelhaft, wenn sie unter Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen gewonnen worden sind.
2. Es ist unzulässig, Namen und Adressangaben von Nutzern eines Internetportals zu speichern und weiterzugeben, wenn die Nutzer hierüber nicht aufgeklärt werden und ihre Einwilligung erteilt haben.
3. Der Besteller kann das Wahlrecht zwischen den ihm zustehenden Gewährleistungsrechten bis zum Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung wahrnehmen.
4. Auf ein Leistungsverweigerungsrecht kann sich der Besteller auch dann berufen, wenn der Rücktritt wegen Verjährung des Leistungs- oder Nacherfüllungsanspruches unwirksam ist, sofern die Rücktrittsvoraussetzungen erfüllt sind, §§ 438 Abs. 4 S. 2, 634a Abs. 4 S. 2 BGB.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 13.11.2003; Aktenzeichen 14d O 108/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.11.2003 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des LG Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten und deren Streithelferin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streithelferin Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der XX Vergütungsansprüche für die Lieferung von im Internet generierten Adressen geltend.
Die XX AG, ein Unternehmen der Finanzbranche, wandte sich an die XX AG, die sich mit der Produktion von Web-Auftritten befasst, und erteilte ihr den Auftrag zur Beschaffung von Adressen potentieller Kunden aus dem Internet. Die XX AG beauftragte ihrerseits die Beklagte als Nachunternehmerin mit der Generierung der Adressen. Die Beklagte ist ein Internetunternehmen, das sich mit der Erstellung von Websites befasst und als kreativer Berater auftritt. Sie vereinbarte mit der XX, einem sog. Internetvermarkter, dass diese ihr die Adressen gegen Zahlung von 13 Euro je Adresse liefert. Auch die XX führte den Auftrag nicht selbst aus, sondern beauftragte die Klägerin, die ein Internetportal im Bereich Spiel und Entertainment betreibt, die Adressen zu liefern. Die Klägerin generierte mehr als 3.000 Adressen und lieferte diese an XX, die diese an die Beklagte weiterleitete. Die Beklagte sandte die Adressen an ihre Auftraggeberin weiter, weigerte sich aber ggü. XX, die berechnete Vergütung von 38.454 Euro zu zahlen, weil die Adressen nicht vertragsgemäß gewonnen und unseriös seien. Da daraufhin die XX ihrerseits eine Zahlung an die Klägerin verweigerte, ließ sich die Klägerin die Vergütungsansprüche der XX gegen die Beklagte abtreten. Diese abgetretenen Vergütungsansprüche sind Gegenstand der Klageforderung.
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von 38.454 Euro Werklohn verurteilt und ausgeführt, es ergebe sich nicht, dass die an die Beklagten gelieferten Adressen minderwertig seien und den vertraglichen Anforderungen nicht genügten. Die Adressen seien nach dem eigenen Vortrag der Beklagten absprachegemäß nicht im Zusammenhang mit Gewinnspielen gewonnen worden. Die Beklagte habe nicht substantiiert bestritten, gewusst zu haben, dass die Adressen über Newsletter Eintragungen und bei Benutzung der Downloadangeboten gewonnen wurden. Beide Arten der Adressengenerierung habe sie akzeptiert. Die unterschiedliche Gewinnung der Adressen wirke sich zudem nicht nachteilig aus, da die jeweilige Ansprache an die Nutzer und deren Information über XX keine wesentlichen Unterschiede aufwiesen.
Die Beklagte greift diese Entscheidung mit der Berufung an und trägt zur Begründung vor:
Das LG habe verfahrensfehlerhaft übergangen, dass sie mit der XX die Gewinnung der Adressen nur über Newsletter vereinbart habe und andere mit Gewinnspielen oder sonstigen Internetangeboten im Zusammenhang stehende Adressgenerierungen ausgeschlossen gewesen seien. Die vereinbarte Beschaffenheit sei durch die von der Klägerin vorgenommene Adressgewinnung nicht gewahrt, so dass die erbrachte Leistung mangelhaft sei. Zudem habe sie die tatsächliche Nutzung der gewonnenen Daten durch XX bestritten, was das LG ebenfalls nicht berücksichtigt habe.
Die Streithelferin der Beklagten trägt vor:
Die gelieferten Adressen seien insgesamt unbrauchbar. Diese könnten in der kurzen Zeit nicht über das von der Klägerin angegebene System gewonnen worden sein. Die Vorgehensweise bei der Adressgewinnung entspreche nicht den vertraglichen Vorgaben, was - insoweit abweichend von dem Vortrag der Beklagten - auch bezüglich der Gewinnung über Newsletter gelte. Statt werthaltige Adressen von wirklich Interessierten - nur solche rechtfertigten die hohe Vergütung - habe die Klägerin qualitativ minderwertige Adressen in unzulässiger Verbindung mit Vergünstigungen "incentive" gewonnen....