Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4c O 39/16)

 

Tenor

Die Berufung gegen das am 11. Juli 2019 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird, soweit sie den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit betrifft, zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 718 Abs. 2 ZPO abgesehen, weil die vorliegende Entscheidung unanfechtbar ist.

II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Im Verfahren nach § 718 Abs. 1 ZPO beanstanden die Beklagten in zulässiger Form allein die Zurückweisung ihres Vollstreckungsschutzantrages durch das Landgericht. Gegen die erstinstanzlich, gestaffelt nach den einzelnen vollstreckbaren Ansprüchen angeordnete und für den Unterlassungsausspruch auf 16.000.000,- EUR festgesetzte Vollstreckungssicherheit erheben die Beklagten demgegenüber - wie die Erörterungen zum Berufungsantrag im Verhandlungstermin vom 31. Oktober 2019 belegen (vgl. außerdem GA 1260 zu 6.3 und Schriftsatz vom 23.10.2019, S. 16) - keine Einwände, weswegen dem letzteren im Berufungsverfahren auch nicht im Detail nachzugehen ist.

2. § 718 ZPO verfolgt den Zweck, eine vorinstanzlich fehlerhafte Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit vor einer zweitinstanzlichen Sachentscheidung zu korrigieren. Entsprechend diesem Zweck hat im Verfahren der Vorabentscheidung jede Beurteilung der Hauptsache zu unterbleiben; diese ist vielmehr als zutreffend entschieden hinzunehmen. Vom Berufungsgericht zu prüfen ist einzig und allein, ob - ausgehend von der landgerichtlichen Hauptsacheentscheidung - die nach Maßgabe von dessen Urteilstenor einschlägigen Vorschriften zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (§§ 708 ff. ZPO) ordnungsgemäß angewendet worden sind (KG, MDR 2009, 165).

a) Hat das Landgericht - wie hier - einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO beschieden, so unterliegt der Vorabentscheidung nach dem Gesagten auch die rechtsfehlerfreie Anwendung des § 712 ZPO. Die Vorschrift erlaubt die Einräumung einer Abwendungssicherheit für den Vollstreckungsschuldner (oder - unter besonderen Umständen - darüber hinaus den vollständigen Verzicht auf eine Vollstreckbarkeitserklärung oder die Beschränkung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf bestimmte Sicherungsmaßregeln), wenn kumulativ zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss die Vollstreckung des landgerichtlichen Urteils dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen (§ 712 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zweitens darf dem Abwendungsbegehren des Schuldners kein überwiegendes Vollstreckungsinteresse des Gläubigers entgegenstehen (§ 712 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Vorliegend fehlt es schon an der erstgenannten Bedingung, so dass es einer Abwägung mit dem Vollstreckungsinteresse der Gläubigerin nicht bedarf. Das gilt auch für Patentsachen, für die das Vorliegen eines unersetzlichen Nachteils keinesfalls vermutet oder auch nur unter erleichterten Voraussetzungen angenommen werden kann. § 712 ZPO ist eine allgemeine Vorschrift des Zivilverfahrensrechts, die gleichermaßen für alle vorläufig vollstreckbaren Urteilsaussprüche in einem Zivilurteil gilt und deswegen keine Differenzierung nach Sachgebieten erlaubt. Aus der in gänzlich anderer Senatsbesetzung getroffenen Entscheidung "Fahrbare Betonpumpe" (InstGE 8, 117, 120 f.), in der lediglich davon die Rede ist, dass mit Blick auf einen patentrechtlichen Unterlassungsausspruch ein nicht zu ersetzender Nachteil gegeben sein dürfte, folgt nichts anderes. Sollte mit der besagten Formulierung tatsächlich eine Vermutung für einen unersetzlichen Nachteil gemeint gewesen sein, hält der Senat in seiner jetzigen Besetzung daran jedenfalls nicht fest.

b) Da es nach der eindeutigen Gesetzesfassung auf den unersetzlichen Nachteil des Schuldners ankommt, sind reine Drittinteressen, die sich nicht (z.B. über Gewährleistungs- oder Haftungsregelungen) zu Lasten des Vollstreckungsschuldners auswirken, rechtlich irrelevant (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.08.2017 - I-15 U 60/17; OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.10.2018 - 6 U 82/18). Der als Folge der Zwangsvollstreckung zu erwartende Nachteil darf nicht bloß möglich oder wahrscheinlich sein; er ist vielmehr vom Schuldner glaubhaft zu machen (§§ 714 Abs. 2, 294 ZPO) und das Gericht muss von seinem Eintritt überzeugt sein. Der mit der gebotenen Gewissheit zu erwartende Vollstreckungsnachteil hat schließlich "unersetzlich" zu sein. Gewöhnliche Folgen der Zwangsvollstreckung (wie Umsatzeinbußen als Folge einer Unterlassung des Marktauftritts), die die Existenz des Schuldners nicht endgültig vernichten, sondern durch die als Haftungsmasse bereitgehaltene Vollstreckungssicherheit des Gläubigers ausgeglichen werden können, fehlt die Unwiederbringlichkeit. Ob in Bezug auf solche Schäden anders zu entscheiden sein könnte, deren Nachweis dem Schuldner in einem etwaigen Vollstreckungsschadenersatzprozess praktisch unmöglich ist, braucht nicht weiter vertieft zu werden, denn eine derartige Situation liegt im Streitfal...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge