Leitsatz (amtlich)
1. Die aktienrechtlichen Protokollierungspflichten des Notars sind in § 130 AktG abschliessend geregelt.
2. Soweit es die aktienrechtliche Wirksamkeit des Protokolls angeht, ist es ausreichend, wenn der Notar das vom Versammlungsleiter festgestellte Abstimmungsergebnis protokolliert. Die Wirksamkeit der notariellen Beurkundung hängt nicht davon ab, dass er eigene Feststellungen zum Abstimmungsergebnis trifft, es also etwa selbst ermittelt oder – protokollarisch nachvollziehbar – überprüft. Seine aktienrechtlichen Protokollierungspflichten können nicht durch Überwachungs- und Protokollierungspflichten, die ihm daneben mit Blick auf seine Amtsstellung bei der „Begleitung” der Hauptversammlung obliegen, mit der Folge erweitert werden, dass deren Verletzung zur Nichtigkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse führt.
Normenkette
AktG § 130 Abs. 2, § 241 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 14 O 82/01) |
Nachgehend
Tenor
Es wird festgestellt, dass die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 27.6.2001 zu Tagesordnungspunkt 2 – Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2000 –, Tagesordnungspunkt 3 – Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2000 –, Tagesordnungspunkt 4 – Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2000 – und Tagesordnungspunkt 7 – Wahlen zum Aufsichtsrat – gefassten Beschlüsse nicht wegen eines Beurkundungsmangels nichtig sind.
Tatbestand
Mit seiner am 26.7.2001 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger, Aktionär der Beklagten, die Feststellung der Nichtigkeit der in der Hauptversammlung der Beklagten am 27.6.2001 zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 2, 3, 4 und 7 gefassten Beschlüsse, hilfsweise macht er deren Anfechtbarkeit geltend. Die Hauptversammlung wurde beurkundet von Notar Dr. F. aus M. In dem Protokoll über die Hauptversammlung, welches von seinem Vertreter Notar a.D. Dr. R.H. erstellt wurde, ist u.a. festgehalten: Der Aufsichtsratsvorsitzende teilte mit, dass gegenwärtig das Verzeichnis der erschienenen und vertretenen Aktionäre erstellt wird, das alsdann während der Dauer der Hauptversammlung zur Einsichtnahme ausliege. Bei Präsenzveränderung werde die Teilnehmerliste im Nachtragsverzeichnis fortgeschrieben, auch diese würden zur Einsicht ausgelegt und von ihm und dem Notar unterzeichnet.
Da die Präsenz vor der Abstimmung festgestellt werden müsse, bitte er diejenigen Teilnehmer, welche die Hauptversammlung vor einer Abstimmung verlassen wollten, entweder einen anderen Teilnehmer oder einem Mitglied der Ausgangskontrolle schriftliche Vollmacht zu ihrer Vertretung zu erteilen oder sich am Saalausgang zur Änderung des Teilnehmerverzeichnisses abzumelden.
Nachdem der Vorstand berichtet hatte, stellte der Vorsitzende fest, dass die Hauptversammlung den Jahresabschluss einschließlich des Lageberichts, den Konzernabschluss einschließlich des Konzernlageberichts sowie den Bericht des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2000 entgegen genommen habe.
Sowohl nach dem Tagesordnungspunkt 1 als auch bei einzelnen Tagesordnungspunkten erfolgten Wortmeldungen, zu denen der Vorstand detailliert Stellung nahm.
Auf die Frage des Vorsitzenden, ob weitere Wortmeldungen gewünscht würden und ob alle Fragen beantwortet sind, erklärten die Aktionäre Dr. M.B. und M.G. – der Kläger –, die in der Hauptversammlung Fragen gestellt hatten, dass ihre Fragen nicht bzw. nicht exakt beantwortet worden seien. Sie gaben dem Notar mehrere Schriftstücke mit der Bitte, diese dem Protokoll als Anlage beizufügen, was geschehen ist.
Die Verwaltung stellte fest, dass alle Fragen, welche die Gesellschaft betreffen, beantwortet seien. Ergänzende Fragen wurden von den Aktionären Dr. B. und G. nicht gestellt.
Zum Abstimmungsverfahren stellte der Vorsitzende sodann fest, dass die Abstimmung durch das Stimmkartenverfahren erfolgen solle; allerdings behalte er sich vor, ein anderes Abstimmungsverfahren zu wählen, wenn sich dies als notwendig erweisen sollte. Es solle ferner das Substraktionsverfahren angewendet werden, wonach nur die Neinstimmen und die Enthaltungen abgegeben würden. Der Anteil der Ja-Stimmen errechne sich durch Abzug der Neinstimmen und der Stimmenthaltungen von der sich aus dem Teilnehmerverzeichnis ergebenden jeweiligen Gesamtpräsenz. Die eingesammelten Stimmabschnitte würden nach Beendigung der Abstimmung mit Hilfe eines EDV-Systems ausgewertet. Die Abstimmung solle in einem Block durchgeführt werden; die Stimmen zu den TOP 2–11 würden in einem Sammelgang eingesammelt werden. Das Abstimmungsergebnis werde am Schluss der Abstimmung bekannt gegeben und die Beschlüsse festgestellt.
Der Vorsitzende gab im Verlaufe der Hauptversammlung den Inhalt von zwei Präsenzlisten bekannt, welche dieser Urkunde als Anlage 1 beigefügt sind. Aufgrund der Präsenzliste, Stand 12.54 Uhr, stellte der Vorsitzende fest, dass von dem insgesamt 61.897.983 Euro betreffenden Grundkapital der Gesellschaft – eingeteilt i...