Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert für eine Unterlassungsklage wegen fehlender Pflichtangaben nach der Pkw-EnVKV

 

Leitsatz (amtlich)

Die Unterlassungsklage eines Umwelthilfevereins gegen einen Leasinganbieter wegen fehlender Pflichtangaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen des Fahrzeugs nach der Pkw-EnVKV ist grundsätzlich nicht mit weniger als 30.000 EUR zu bewerten.

 

Normenkette

GKG § 51; Pkw-EnVKV § 5

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 13.12.2022; Aktenzeichen 11 O 55/22)

 

Tenor

Auf die Streitwertbeschwerde des Klägers wird der Streitwert in Abänderung des Streitwertbeschlusses der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden (11. Zivilkammer) auf 30.000 Euro festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Kläger, die X e.V., hat die Beklagte nach erfolgloser vorgerichtlicher Abmahnung wegen Verstoßes gegen die Pkw-EnVKV durch ein Leasingangebot für ein neues Kraftfahrzeugmodell (Nissan Juke 1.0 DIG-T Schaltgetriebe, 143 Euro Privatleasing, vgl. Anlage K1) aus Wettbewerbsrecht wegen fehlender Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen auf Unterlassung und Abmahnkostenersatz (nebst Zinsen) in Anspruch genommen. Den Streitwert hat der Kläger in der Klageschrift mit 30.000 Euro angegeben.

Nachdem die Beklagte die Klageanträge im Prozess umgehend anerkannt hat, hat das Landgericht sie gemäß ihrem Anerkenntnis (zusammengefasst) verurteilt, es bei Meidung konkret benannter Ordnungsmittel zu unterlassen, Werbematerial im Internet für neue Pkw-Modelle zu verbreiten, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen zu machen und sicherzustellen, dass die Angaben dem Empfänger des Werbematerials automatisch in dem Augenblick zur Kenntnis gelangen, in dem auf der Internetseite erstmalig Angaben zur Motorisierung gemacht werden, wie geschehen in Anlage K1.

Den Streitwert hat das Landgericht mit Beschluss vom 13.12.2022 auf 10.000 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Streitwert sei gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Zwar sei die Angabe der klagenden Partei grundsätzlich ein wesentliches Indiz. Allerdings sei das Interesse des Klägers im konkreten Fall nicht mit 30.000 Euro, sondern mit 10.000 Euro, zu bewerten. Die Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen mögen zwar für den angesprochenen Verbraucherkreis von erheblicher Bedeutung sein. Auch könne das Interesse des klagenden Verbands an der Einhaltung dieser Informationspflichten als hoch eingeschätzt werden. Allerdings sei der Rechtsstreit von den Parteien und ihren Verfahrensbevollmächtigten ohne größeren Arbeitsaufwand zu bearbeiten gewesen und insoweit von einer einfachen Streitigkeit auszugehen. Der Kläger verfolge entsprechende Rechtsverstöße routinemäßig. Zwar habe die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung vorgerichtlich nicht abgegeben, den Anspruch aber im Prozess ohne Einlassung zur Sache anerkannt.

Dagegen richtet sich die Streitwertbeschwerde des Klägers, der geltend macht, die Streitwertangabe in der Klageschrift sei nicht offensichtlich übersetzt. Ein Streitwert von 30.000 Euro sei gemessen am maßgeblichen Angriffsfaktor - der Werbung ohne erforderliche Pflichtinformationen - angemessen. Der Kauf eines Fahrzeugs sei für viele Menschen eine teure Anschaffung. Die Verbraucher müssten dafür wissen, mit welchen Folgekosten durch den Kraftstoffverbrauch zu rechnen sei. Der Angabe der CO2-Emissionen bedürfe es nicht nur wegen der Klimakrise, sondern auch, weil sich die Höhe der Kfz-Steuer nach den Emissionen richte.

Das Landgericht hat der Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen.

II. Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG statthafte, insbesondere form- und fristgerecht (§ 68 1 Satz 1 i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG) eingelegte Streitwertbeschwerde, über die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch den Senat zu entscheiden ist, da ein/e Vorsitzende/r der Kammer für Handelssachen kein Einzelrichter im Sinne der Norm ist, hat Erfolg.

1. In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist der Streitwert, soweit nichts Anderes bestimmt ist, gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 UWG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für diesen ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dabei kann die Festsetzung des Streitwerts nicht anhand von Regelstreitwerten erfolgen, weil dies mit den Vorschriften des § 3 ZPO und des § 51 Abs. 2 GKG nicht vereinbar wäre, die eine Ermessensausübung des Gerichts vorsehen (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 08.11.2022 - I ZR 62/22, juris Rn. 6 mwN). Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt (vgl. z.B. BGH, Beschlus...

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