Entscheidungsstichwort (Thema)

Angabe der Anschrift des Widerrufsempfängers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Angabe des Ortes in Verbindung mit der Postleitzahl, die der Bank als Großempfängerin der Post zugeordnet ist, stellt die Angabe der "ladungsfähigen Anschrift" desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, i.S.v. § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (jetzt § 360 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB) dar; sie genügt auch den Gestaltungshinweisen Nr. 4 zu dem Muster für die Widerrufsbelehrung gemäß Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der ab dem 1.4.2008 gültigen Fassung.

 

Normenkette

BGB a.F. § 355 Abs. 1 S. 1; BGB § 360 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; BGB-InfoV § 14 Abs. 1 Anl 2

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 25.09.2014; Aktenzeichen 19 U 100/14)

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 10.04.2014; Aktenzeichen 2-5 O 493/13)

 

Gründe

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Das LG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, abgewiesen. Die geltend gemachten Berufungsgründe führen zu keiner anderen Entscheidung.

Der vom Kläger mit Schreiben vom 3.9.2013 erklärte Widerruf des Darlehensvertrages ist verfristet und damit unwirksam.

Auf den im August 2009 zustande gekommenen Darlehensvertrag finden gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die Bestimmungen des BGB und die BGB-InfoV in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung Anwendung.

Dem Beginn des Laufs der Widerrufsfrist stand hier nicht entgegen, dass der Kläger deshalb nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden wäre (§§ 495, 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.), weil in der Widerrufsbelehrung als Adresse, an die der Widerruf zu richten ist, der Ort, konkretisiert durch eine der Beklagten als Großempfängerin zugeordnete Postleitzahl, angegeben ist. Ohne Zweifel genügt diese Angabe den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F., wonach die Widerrufsbelehrung auch die "Anschrift" desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, enthalten muss. Anschrift im Sinne dieser Norm ist jede Postanschrift und dementsprechend auch schon eine Postfachanschrift (BGH, Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 306/99, Rz. 13, m.w.N., juris). Allerdings sieht der Gestaltungshinweis Nr. 4 zu dem Muster für die Widerrufsbelehrung gemäß Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der ab dem 1.4.2008 gültigen Fassung vor, dass die "ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten" anzugeben ist. Diesen Anforderungen genügt die Angaben des Ortes ("O1") unter Hinzufügung der des Beklagten als Großempfängerin der Post zugeordneten Postleitzahl. Denn für diese Postleitzahl ist - im Internet auf dem Portal der Deutschen Post (www.postdirekt.de/plzserver) für jedermann ersichtlich - eine physische Adresse hinterlegt. Dementsprechend enthält die in der Widerrufsbelehrung angegebene Anschrift alle für eine Zustellung notwendigen Angaben. Anders als bei einer bloßen Postfachadresse sind förmliche und nichtförmliche Zustellungen möglich, ohne dass es auf eine Mitwirkung des Empfängers ankommt. Überdies ist die Straße und Hausnummer, der die Postleitzahl zugeordnet ist, ohne Schwierigkeiten zu ermitteln. Schutzwürdige Belange des Verbrauchers werden durch die Angabe einer besonderen Postleitzahl anstelle der Angabe von Straße und Hausnummer nicht berührt. Durch die hier in Rede anstehende Mitteilung der Anschrift des Widerrufsadressaten wird der Verbraucher in die Lage versetzt, seine Widerrufserklärung auf den Postweg zu bringen; die Angabe ist eindeutig und unmissverständlich.

Ob auch eine Postfachanschrift als "ladungsfähige" Anschrift angesehen werden kann, bedarf danach keiner Entscheidung.

Die Widerrufsbelehrung ist auch "deutlich gestaltet" i.S.v. § 357 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Wegen des Deutlichkeitsgebotes muss die Belehrung dem Verbraucher die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringen (BGH, Urt. v. 23.6.2009 - XI ZR 156/08, Rz. 24, juris). Das ist hier der Fall, wie das LG zu Recht ausgeführt hat. Die Belehrung hebt sich aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch deutlich heraus. Das ergibt sich schon daraus, dass der Text der Widerrufsbelehrung nicht wie der übrige Vertragstext zweispaltig niedergeschrieben wurde. Er ist optisch außerdem durch einen deutlichen Absatz von dem voranstehenden Vertragstext abgegrenzt und mit einer fettgedruckten Überschrift ("Widerrufsbelehrung") versehen worden. Auch wird der Text unter Verwendung der in der Musterbelehrung vorgesehenen Zwischenüberschriften strukturiert. Die Schriftgröße ist größer als die des voranstehenden Vertragstextes mit Ausnahme der Überschriften, wodurch die Deutlichkeit jedoch nicht gemindert wird.

II. Der Kläger erhält Gelegenheit, zu diesen Hinweisen bis zum 3.9.2014 Stellung zu nehmen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI7435300

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