Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 14.03.2019; Aktenzeichen 5 O 210/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 14.03.2019 (Az.: 5 O 210/18) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts Gießen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf die Gebühren-stufe bis zu EUR 440.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Gießen sowie auf die Ausführungen zu Ziffer I. des Senatsbeschlusses vom 20.01.2020 (Bl. 267 ff. d.A.) Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Gießen vom 14.03.2019 - 5 O 210/18 - festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Schenkungsvertrag vom 13.06.2017, UR ... des Notars A, Stadt1, nichtig ist.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Zurückweisung der Berufung des Klägers beruht auf § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO. Die zulässige Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg; auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor.

Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss des Senats vom 20.01.2020 Bezug genommen, an denen der Senat auch nach nochmaliger Prüfung festhält. Auch mit Rücksicht auf die Stellungnahme des Klägers vom 18.02.2020, die den Fokus auf eine behauptete Sittenwidrigkeit des notariellen Vertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB legt, ist keine abweichende rechtliche Würdigung veranlasst.

Insoweit verkennt der Kläger, dass sich die im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 123 Abs. 1 BGB aufgeführten Mängel im Tatsachenvortrag, auch in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB auswirken. Dass der Abschluss des notariellen Schenkungsvertrages vom 13.06.2017 Folge der Ausnutzung einer erheblichen Willensschwäche des Klägers, hervorgerufen durch einen Zustand der permanenten Bedrängnis bzw. durch Einschüchterungsversuche seitens der Beklagten war, lässt sich mit Rücksicht auf das Klagevorbringen und nach Maßgabe der gebotenen Gesamtwürdigung nicht feststellen.

Dabei ist - ausgehend von der bereits im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen und vom Kläger ebenfalls als maßgeblich erachteten Entscheidung des BGH vom 04.07.1990 (FamRZ 1990, 1343) - im Ausgangspunkt zunächst festzuhalten, dass die Rechtsordnung jedem geschäftsfähigen Menschen, die Entscheidung, Teile seines Vermögens zu verschenken, frei zubilligt. Anderenfalls würden die rechtlichen Möglichkeiten, (auch größere) Werte aus dem eigenen Vermögen zu verschenken oder sonst unentgeltlich wegzugeben, unangemessen verkürzt, so dass diese Wertung insofern einer partiellen Quasi-Entmündung nahekäme (BGH, a.a.O.). Dies gilt auch dann, wenn der Begünstigte derartige Zuwendungen an sich wünscht; bloßes Entgegennehmen großzügiger Zuwendungen macht für sich allein genommen das betreffende Rechtsgeschäft noch nicht sittenwidrig.

Maßgebend für die Frage, ob ein derartiges unentgeltliches Geschäft im Einzelfall gleichwohl dem Unwerturteil des § 138 Abs. 1 BGB unterfällt, sind in erster Linie die Motive des Begünstigten bzw. die von ihm verfolgten Zwecke und die Art und Weise seines Vorgehens sowie etwa die Persönlichkeitsstruktur des Zuwendenden, soweit dieser nicht oder kaum in der Lage ist, sich bedrängenden Wünschen des Zuwendungsempfängers zu entziehen (BGH, a.a.O.).

Hierfür sind im Streitfall keine hinreichend belastbaren Anhaltspunkte vorgetragen.

Auch bei nochmaliger Prüfung geht das Vorbringen des Klägers über die Behauptung, er hätte seit Ende 2016/Anfang 2017 in einer Atmosphäre der permanenten Überwachung gelebt, hervorgerufen durch die ständige Anwesenheit der Beklagten, nicht hinaus. Abgesehen davon, dass der Vorwurf einer "ständigen Überwachungssituation" inhaltsleer bleibt und insbesondere bezüglich des nicht im Hause des Klägers lebenden Beklagten zu 2) offen ist, wie diese "Atmosphäre ständiger Überwachung" in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht vorzustellen sein sollte, wird die Annahme einer hierdurch bedingten Willensschwäche des Klägers entscheidend dadurch in Frage gestellt, dass er nur einige Wochen vor Abschluss des hier streitgegenständlichen notariellen Schenkungsvertrages die hälftigen GbR-Anteile an seinem Grundstück in der Straße1 in Stadt2 auf seine Tochter Vorname2 B übertragen hat, obgleich dies gemäß dem Nachtrag zum gemeinschaftlichen Testament (Anlage K 15, Bl. 45 ff. d.A.) erst für den Zeitpunkt nach dem Tod des Letztversterbenden vorgesehen war. Bereits der Umstand, dass eine vorzeitige Anteilsübertragung au...

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