Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsvollstreckung: Verbotsumfang; Organisationsverschulden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Kern eines Unterlassungstitels, der gegen die Verwendung eines aus zwei Begriffen zusammengesetzten Worts (hier: "ringtaxi") als Suchwort gerichtet ist, umfasst auch die Verwendung dieser Begriffe in getrennter Schreibweise ("ring taxi"), soweit die Eingabe dieser Begriffe zu einer Adwords-Anzeige Anzeige führt, in der beide Begriffe wiederum in zusammengesetzter Schreibweise enthalten sind.

2. Im Rahmen des sog. Organisationsverschuldens ist der Unterlassungsschuldner gehalten, weitreichende Vorkehrungen zur Unterbindung von Verstößen durch seine Mitarbeiter zu treffen; hierzu gehört insbesondere die schriftliche Belehrung über den Inhalt des ausgesprochenen Verbots sowie die Konsequenzen etwaiger Verstöße einschließlich der Androhung von Sanktionen, die Überwachung der Einhaltung der erteilten Anweisungen sowie gegebenenfalls die Verhängung der angedrohten Sanktionen.

 

Normenkette

ZPO § 890

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 16.11.2016; Aktenzeichen 3-8 O 91/16)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 3000,00 EUR

 

Gründe

I. Das Landgericht Frankfurt hat mit rechtkräftigem Anerkenntnisurteil vom 16.11.2016 (Bl. 122) der Beklagten bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung ringtaxi als Such- oder Schlüsselwort zur Anzeige einer Werbung in der Trefferleiste bei Google zu verwenden, wie geschehen in Anlagen K 5 - K 7.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.10.2017 ein Ordnungsgeld beantragt und hat insoweit auf die angebliche Zuwiderhandlung vom 17.10.2017 (Anlage G 1, Bl. 129 ff.) Bezug genommen, bei der bei Eingabe der Suchbegriffe "ring taxi" in der Google-Suche in Bereich der Google Adwords eine Anzeige der Beklagten unter der Überschrift "Ringtaxi - www.(...).de" erscheint, die auf die Domain der Beklagten verweist.

Das Landgericht hat gegen die Beklagte wegen Zuwiderhandlung gegen des Verbot mit Beschluss vom 24.01.2018 (Bl. 163) ein Ordnungsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR verhängt. Die neue Werbung tangiere den Kernbereich der Unterlassungsverpflichtung. Auch sei der Verstoß schuldhaft erfolgt, da der Beklagten ein Organisationsverschulden anzulasten sei. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 09.02.2018 (Bl. 172), der das Landgericht mit Beschluss vom 02.05.2018 (Bl. 192) nicht abgeholfen hat.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht das Verhalten der Beklagten als vom Kernbereich des Anerkenntnisurteils vom 16.11.2016 umfasst angesehen und auch zu Recht ein Verschulden angenommen. Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt.

1.) Insbesondere bestehen auch keine Zweifel daran, dass das beanstandete Verhalten der Beklagten in den Kernbereich der titulierten Unterlassungsverpflichtung fällt.

Der Verbotsumfang eines gerichtlichen Titels beschränkt sich nicht auf das beschriebene Verbot, sondern erfasst auch unwesentliche Abwandlungen, die den Kern der Verletzungshandlung unberührt lassen. Der bisherige Streitgegenstand darf aber nicht verlassen werden. Nach der sog. Kernbereichslehre fallen unter den Tenor eines Unterlassungstitels nicht nur identische Handlungen, sondern auch solche, die von dem wettbewerbswidrigen Kern der verbotenen Handlung nur geringfügig abweichen, ihr also praktisch gleichwertig sind, weil es sonst mühelos möglich wäre, den Titel zu unterlaufen. Dies gilt auch dann, wenn das Verbot auf eine konkrete Verletzungsform Bezug nimmt (BGH GRUR 2014, 706 [BGH 03.04.2014 - I ZB 42/11], Rnr. 11 -Reichweite des Unterlassungsgebots). In diesem Fall haben die neben der in Bezug genommenen konkreten Verletzungshandlung abstrakt formulierten Merkmale die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (vgl. BGH, GRUR 2010, 855 - Folienrollos, mwN).

Diesen Kernbereich hat die vorliegende Verletzungsform nicht verlassen. Der Tenor des Landgerichts enthält zwar vom Wortlaut her auf den ersten Blick eine sehr weiten Umfang, da er jedwede Nutzung des Wortes "ringtaxi" umfasst. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform in Anlagen K 5 - K7 wird jedoch deutlich, dass die Verwendung als Such- oder Schlüsselwort zur Anzeige einer Werbung für die von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen auf dem X begrenzt ist. Gegen dieses Verbot hat die Beklagte verstoßen. Das Landgericht hat in der Verwendung der Tags "ring taxi" in nicht zusammengeschriebener Form einen kerngleichen Verstoß angenommen. Zwar ergibt sich im Gegensatz zu den Anlagen K 5 - K 7 aus der Anlage G 1 nicht unmittelbar, welche Such- oder Schl...

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