Leitsatz (amtlich)

Die Beurteilung eines Anspruchs auf Leistung einer Braut- bzw. Morgengabe richtet sich auch dann nach dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten zur Zeit der Eheschließung angehörten, wenn einer von ihnen noch Angehöriger dieses Staates ist.

Zu den Voraussetzungen des Entstehens und Erlöschens eines Braut- bzw. Morgengabeanspruchs nach iranischem Recht.

 

Normenkette

EGBGB § 14 Abs. 1; ZGB-Iran §§ 1078 ff.; Familienschutzgesetz Iran § 22

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.09.2015; Aktenzeichen 472 F 18225/13)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners vom 29.11.2015 gegen den am 18.09.2015 verkündeten Beschluss des AG - Familiengericht - Frankfurt am Main, Az. 472 F 18225/13 S, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: EUR 163.305,00

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von 600 Bahare-Azadi-Goldmünzen an die Antragstellerin.

Die Beteiligten waren seit 07.07.2003 miteinander verheiratet und leb(t)en seit 03.03.2010 getrennt. Die Eheschließung fand statt in Teheran/Iran. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Die Antragstellerin ist geboren am 10.04.1982 in Teheran/Iran; der Antragsgegner am 19.11.1983 in Rasht/Iran.

Die Antragstellerin zog mit ihren Eltern in ihrer Kindheit (im dritten Lebensjahr, Bl. 253 d.A.) nach Deutschland und lebte zunächst in Zierenberg. Nach der Eheschließung nahm sie 2004 oder 2005 die deutsche Staatsbürgerschaft an; bis dahin besaß sie die iranische Staatsangehörigkeit.

Am 07.07.2003 heiratete sie nach ein oder zwei "Kennenlerntreffen" im Iran den Antragsgegner in Teheran, der bis dahin bei seinen Eltern im Iran lebte, dort die Schule besuchte und einige Monate (Oktober 2003) nach der Eheschließung nach Deutschland zur Antragstellerin verzog. Im Zuge der Eheschließung wurde eine mehrseitige Eheurkunde aufgestellt, in der die Beteiligten jeweils ca. 21-mal ihre Unterschrift leisteten, Bl. 252 d.A.. Auf einer Seite verpflichtet sich der Antragsgegner, an die Antragstellerin eine Morgengabe (mahr) von 600 Ein-Bahare-Azadi-Goldmünzen zu entrichten; allein diese Seite wurde von beiden Beteiligten je zweimal mit ihrem jeweiligen Namenszug (unter-)schrieben, Bl. 5 oben, 251 f. d.A. Die Echtheit der Eheurkunde und der Unterschriften der Beteiligten steht inzwischen nicht (mehr) in Streit, Bl. 251 d.A. Der Antragsgegner hat(te) durchgängig die iranische Staatsangehörigkeit.

Nennenswertes Vermögen besaßen die Beteiligten weder zur Eheschließung noch heute, die Antragstellerin hatte damals ca. DM 5.000,00 Vermögen, wovon sie dem Antragsgegner ca. 50 % überließ, damit dieser sich im Iran vom Militärdienst "freikaufen" konnte, Bl. 254 d.A..

Mit Schriftsatz vom 21.06.2013, zugestellt am 26.07.2013, beantragte zunächst der Antragsgegner die Ehescheidung. In einem Termin vom 17.04.2015 erklärte die Antragstellerin, sie würde einem Scheidungsantrag des Antragsgegners zustimmen und auch auf die Morgengabe verzichten; auf Vorhalt des Antragsgegnervertreters, dass ein Morgengabeverzicht nach iranischem Recht anwaltlich bestätigt sein muss, erklärte die Antragstellerin, dass sie keinen Anwalt beauftragen wolle, Bl. 39 d.A..

Mit Schriftsatz vom 27.05.2015 beantragte die Antragstellerin - nun doch anwaltlich vertreten - ebenfalls die Scheidung der Ehe sowie - im Wege der Folgesache, die Verurteilung des Antragsgegners zur Herausgabe von 600 der genannten Goldmünzen, hilfsweise EUR 163.305, 64 Schadenersatz, Bl. 44 ff. d.A., 1 ff. GÜ.

In einer anschließenden mündlichen Verhandlung vom 28.08.2015, Bl. 84 ff. d.A., beantragte nur die Antragstellerin die Ehescheidung, wobei der Antragsgegner nicht zustimmte. Zudem verhandelten sie streitig zu dem als Folgesache behandelten Herausgabeverlangen der Antragstellerin mit modifizierten Anträgen, Bl. 85 d.A.

Infolge dieses Termins zur mündlichen Verhandlung verkündete das Familiengericht am 18.09.2015 einen Beschluss, in dem es die Ehe der Beteiligten unter Anwendung deutschen Sachrechts schied, den Versorgungsausgleich durch Teilung beiderseitiger Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung (mit einem höheren Ausgleichswert zu Gunsten des Antragsgegners) durchführte und dem Antragsgegner gebot, an die Antragstellerin binnen eines Monats ab Rechtskraft der Entscheidung 600 Ein-Bahare-Azadi-Goldmünzen bzw. nach Ablauf dieser Frist EUR 163.305,68 zu zahlen.

Dieser Beschluss wurde dem Antragsgegner jedenfalls am 03.12.2015 zugestellt, Bl. 149 d.A.. Bereits am 20.10.2015 begehrte der Antragsgegner die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes "Berufungsverfahren", Bl. 141 d.A.; am 30.11.2015, Bl. 212 ff. d.A., ging ein Schriftsatz des anwaltlichen Vertreters des Antragsgegners ein, in dem dieser abermals die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren sowie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses und die Abweisung Klage begehrte.

Mit Senatsbeschluss vom 16.12.2015 wies der Senat darauf hin, dass er dies als Beschwerdeeinlegung auffasse...

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