Entscheidungsstichwort (Thema)
Squeeze-out: Bemessung der Barabfindung der Minderheitsaktionäre für die Übertragung ihrer Aktien auf den Hauptaktionär
Leitsatz (amtlich)
Als angemessen ist eine Barabfindung der Minderheitsaktionäre für die Übertragung ihrer Aktien auf den Hauptaktionär gem. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG anzusehen, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist. Sie muss also dem vollen Wert seiner Beteiligung entsprechen. Hierfür ist der Grenzpreis zu ermitteln, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann. Dabei stellt der Börsenkurs der Gesellschaft regelmäßig eine Untergrenze für die zu gewährende Abfindung dar.(Rz. 19)
Normenkette
AktG § 327a Abs. 1 S. 1, § 327b Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 27.01.2012; Aktenzeichen 3-5 O 102/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 48d) wird verworfen. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 2), 28), 32), 38), 39), 45), 48b), 48c), 49), 50), 54), 55), 57) bis 62), 65), 69) und 71a) bis 71e) sowie des gemeinsamen Vertreters werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Antragsteller waren Minderheitsaktionäre der A AG, einem börsennotierten Unternehmen der Chemiebranche und Teil des B Konzerns. Das Unternehmen war eines der weltweit führenden Unternehmen auf dem Gebiet der Erforschung, Entwicklung, Produktion und Vermarktung pharmazeutischer Produkte. Sein Grundkapital von 1.429.453.710,19 EUR war in 559.153.690 auf den Inhaber lautende nennwertlose Stückaktien eingeteilt. Die Aktien wurden an der Frankfurter Börse im amtlichen Markt (General Standard) und an allen anderen deutschen Börsen im Freiverkehr gehandelt. Hauptaktionärin der Gesellschaft mit einem Anteil von 98,09 % war die Antragsgegnerin. Die B S. A. als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin hatte wesentliche Teile ihres Aktienanteils im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses zwischen der A AG und der französischen B S. A., damals firmierend unter C S. A., im Jahr 1999 erworben. Die vorgenannte Fusion erfolgte im Wege des Umtausches von Aktien der A AG in Aktien der C S. A..
Für den 31.12.2004 war eine Verschmelzung der B S. A. auf die vormals als D S. A. firmierende D - B S. A. geplant, die zuvor 97,98 % des Grundkapitals der B S. A. erworben hatte. Bei der D S. A. handelte es sich um einen wesentlichen Wettbewerber der A AG. Aus der Verschmelzung ist die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der B S. A. hervorgegangen. Ein erstes öffentliches Übernahmeangebot der D S. A. für die B S. A. erfolgte am 26.1.2004, ein weiteres erhöhtes Angebot wurde am 26.4.2004 abgegeben.
Wie am 23.8.2004 bekanntgegeben, beabsichtigte die damalige B S. A. die Durchführung eines Squeeze-out - Verfahrens gem. §§ 327a ff. AktG bei der A AG und beauftragte zu diesem Zweck die E Aktiengesellschaft mit der Ermittlung des Unternehmenswertes der A AG. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelte bezogen auf den 20./21.12.2004 einen anteiligen Unternehmenswert von 56,24 EUR, wobei auf die Ausführungen im Übertragungsbericht Bezug genommen wird.
Auf Antrag der B S. A. bestellte das LG die F Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur sachverständigen Prüferin gem. § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG, die in ihrem Prüfbericht, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die vorgesehene, geringfügig auf 56,50 EUR erhöhte Abfindung als angemessen bestätigte. Der umsatzgewichtete durchschnittliche Börsenkurs drei Monate vor der Bekanntgabe des Squeeze-out lag mit 51,23 EUR unter der vorgesehenen Barabfindung.
Infolgedessen beschloss am 20./21.12.2004 die Hauptversammlung der A AG die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die damalige B S. A. gegen Gewährung einer anteiligen Barabfindung i.H.v. 56,50 EUR. Nach Angaben der Antragsgegnerin waren ca. 10.701.838 Aktien von dem Ausschluss betroffen.
Der Übertragungsbeschluss wurde von mehreren Aktionären angefochten. Das Anfechtungsverfahren beendeten die Prozessparteien durch den Abschluss eines Prozessvergleichs vor dem LG Frankfurt/M. Hierin verpflichtete sich die Antragsgegnerin, den Minderheitsaktionären der A AG über die in der Hauptversammlung beschlossene Abfindung hinaus einen zusätzlichen Betrag von 7,30 EUR je Stückaktie der A AG zu zahlen, wobei hinsichtlich des konkreten Wortlauts des Vergleichs auf die angefochtene Entscheidung verwiesen wird. Nach der Prozessbeendigung wurde der Ausschluss der Minderheitsaktionäre am 12.7.2005 im Handelsregister der A AG eingetragen. Die Bekanntmachung der Eintragung im Bundesanzeiger erfolgte am 6.8.2005.
Mit jeweils nach dem 25.7.2005 und bis zum 7.11.2005, einem Montag, bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen haben die Antra...