Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung des Sorgerrechts wegen Gefährdung des Kindeswohls
Normenkette
BGB § 1666
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerden des Jugendamtes und der Verfahrenspflegerin wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert:
Bezüglich X. wird der Kindesmutter die Auflage erteilt, die bereits begonnene Psychotherapie bis zu dem Zeitpunkt fortzusetzen, den das Jugendamt - in Abstimmung mit dem jeweiligen Therapeuten - als erforderlich ansieht.
Das Recht der Antragstellerin zum Umgang mit ihrem Sohn Y. wird dahin abgeändert, dass der Kontakt einmal im Monat, und zwar jeweils am ersten Samstag im Monat von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr stattfindet. Die Antragstellerin hat sich bei der Gestaltung des Umgangs nach den Weisungen des Jugendamtes zu richten, das berechtigt ist, den Rahmen - z.B. Besuch eines bestimmten Spielplatzes oder sonstigen Ausflugsortes - vorzugeben. An dem Umgang ist lediglich - außer der Antragstellerin und Y.- X zu beteiligen.
Sollte der Umgang aus zwingenden Gründen nicht wie vorgesehen stattfinden können, so ist er jeweils am darauf folgenden Samstag nach Maßgabe der oben getroffenen Bestimmungen nachzuholen.
Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 13a Abs. 1 S. 1 FGG).
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (§ 131 Abs. 3 KostO).
Beschwerdewert: 6 000 EUR (§§ 94 Abs. 2, 30 Abs. 2, S. 2 KostO)
Gründe
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten in erster Linie um die elterliche Sorge, hilfsweise um das Umgangsrecht der Antragstellerin bezüglich des im Rubrum genannten Kindes Y, geb. aM. 2005. Außerdem geht es um die Bestimmung von familiengerichtlichen Maßnahmen, welche die Antragstellerin nach Auffassung des Jugendamts und der Verfahrenspflegerin bezüglich ihrer Tochter X, geb. aM. 2001, beachten sollte.
Der Einleitung des Verfahrens liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
In den Jahren 2005 und 2006 gingen bereits beim Jugendamt anonyme Gefährdungsmeldungen ein, wonach bei Y. Verletzungen festgestellt worden seien, die auf Misshandlungen hindeuten ließen. Diese Vorwürfe ließen sich jedoch nicht verifizieren.
IM. 2007 fanden zwei Erziehungsberatungsgespräche beim Jugendamt statt. Danach lehnte die Kindesmutter die Fortführung solcher Gespräche ab (Blatt 9 der Sorgerechtsakte)
IM. 2007 hatte Y. ein Hämatom am Penis. Die Kinderärztin vertrat damals die Auffassung, dass man keine Misshandlungen feststellen könne (Blatt 3 der Sorgerechtsakte). Allerdings empfahl sie der Antragstellerin, sich vom Jugendamt beraten zu lassen. Diese hatte eingeräumt, mit der Erziehung der Kinder manchmal überfordert zu sein (Bl. 3 der Sorgerechts-Akte). Allerdings hatte sie gleichzeitig betont, dass die häufigen Verletzungen von Y. auf dessen Ungeschicklichkeit zurückzuführen seien.
AM. 2008 kam es zu dem Vorfall, welcher zum Auslöser für das vorliegende Verfahren wurde: In der Kindertagesstätte wurden bei Y. Verletzungen entdeckt. Er wurde noch am Mittag desselben Tages von der medizinischen Sachverständigen SV1 untersucht. Diese stellte u.a. punktförmige rötliche Einblutungen in der gesamten Gesichtshaut und "unzählige petechiale Einblutungen in der Nackenhaut, disseminiert verteilt, sowie deutlich auch in der Haut der Halsvorderseite und den seitlichen Halsregionen, mit Übergang auf die obere Brustregion" und außerdem "schmalstreifige rötliche Hauteinblutungen" am Hals fest (Bl. 26 der SoR-Akte).
Die Sachverständige zog daraus in ihrem Gutachten den Schluss, dass keine vernünftigen Zweifel daran bestünden, dass die Einblutungen auf eine Gewalteinwirkung von dritter Hand zurückzuführen seien.
Die Polizei wurde verständigt und der Lebensgefährte der Antragstellerin wurde wegen des Verdachts der Kindesmisshandlung festgenommen. Er musste mehrere Monate in Untersuchungshaft verbringen. Im Rahmen des Strafverfahrens wurden noch zwei weitere medizinische Sachverständigengutachten von SV2 (Bl. 154 der SoR-Akte) und von SV3 (Bl. 263 ff. der HK-Akte) eingeholt, die sich insbesondere mit der Frage der Nachweisbarkeit einer vorsätzlichen Körperverletzung und der Lebensgefahr für Y. befassten. Die Sachverständigen kamen gleichfalls zu dem Ergebnis, dass eine massive Thorax/Rumpf-Kompression, möglicher Weise kombiniert mit einer zusätzlichen Halskompression, stattgefunden haben müsse. Bezüglich der zwingenden Ursachen haben sie sich allerdings nicht festgelegt sondern eine umfassende Beweiswürdigung - unter Einbeziehung des medizinischen Befundes - als erforderlich angesehen.
AM. 2008 fand ein Krisengespräch zwischen Jugendamt und Kindesmutter statt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Kindesmutter ein "blaues Auge", das sie damit begründete, dass sie sich selbst gestoßen habe.
Mit Datum vom 30.4.2008 erstatt...