Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfordernis einer erneuten Rüge, nachdem die Vorabinformation nach § 101a GWB als ungenügend gerügt wurde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Rügt ein Bieter, dass die Vorabinformation nach § 101a GWB inhaltlich nicht den Anforderungen entspricht und begründet der Auftraggeber seine Entscheidung daraufhin so detailliert, dass der Bieter nunmehr einen Nachprüfungsantrag stellen kann, so muss er die Vergabeverstöße, die Gegenstand des Nachprüfungsantrags sind, vor oder zugleich mit der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nochmals gesondert rügen.

2. Auch wenn ein Nachprüfungsantrag zunächst unzulässig war, können Verstöße, von denen der Antragsteller erst im Nachprüfungsverfahren erfährt, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden (Anschluss an OLG Koblenz, VergabeR 2006, 392).

 

Normenkette

GWB §§ 101a, 117 Abs. 3

 

Verfahrensgang

2. Vergabekammer des Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium Darmstadt (Beschluss vom 09.10.2009; Aktenzeichen 69d VK-36/2009))

 

Tenor

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium Darmstadt vom 9.10.2009 (Az.: 69d VK-36/2009) wird abgelehnt.

Die Entscheidung über die im Verfahren nach § 118 GWB entstandenen Mehrkosten bleibt der Hauptsacheentscheidung vorbehalten.

Die Beschwerdeführerin wird aufgefordert, bis spätestens 18.12.2009 mitzuteilen, ob sie die sofortige Beschwerde aufrecht erhält.

Die Beteiligten werden ferner aufgefordert, bis ebenfalls 18.12.2009 mitzuteilen, ob in der Hauptsache ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann.

 

Gründe

I. Mit europaweiter Bekanntmachung vom 30.4.2009 hat die Antragsgegnerin die Planung und Errichtung einer neuen Haupttribüne für das ...-Stadion O1 ausgeschrieben. Vorgesehen ist die Beauftragung mit der Planung und schlüsselfertigen Errichtung einer Tribüne für ca. 2.500 Zuschauer als Totalübernehmer-/Unternehmerleistung. Als Projektsteuerer war die A GmbH beauftragt.

Als Verfahrensart wurde wegen Dringlichkeit das beschleunigte Verhandlungsverfahren vorgesehen. Schlusstermin für den Eingang der Angebote bzw. Teilnahmeanträge war der 19.5.2009.

Bis zu diesem Termin gingen 12 Teilnahmeanträge ein, darunter auch von der Antragstellerin und der beigeladenen Bietergemeinschaft. Neun Bieter wurden

mit Schreiben vom 26.5.2009 zur Abgabe eines indikativen Angebotes unter Beifügung der Vergabeunterlagen aufgefordert. Abgabetermin war der 6.7.2009. Die Angebote sollten als grundlegende Bestandteile die planerische und bauliche Konzeption sowie die Projektpreise enthalten. Die Antragsgegnerin behielt sich vor, die Mindestanforderungen (u.a. Raumprogramm und Leistungsbeschreibungen) vor der Aufforderung zur letztverbindlichen Angebotsabgabe näher zu präzisieren und zu konkretisieren. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin es sich vorbehalte, bevorzugte Bieter unter Berücksichtigung des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit auszuwählen. Als diese Kriterien waren u.a. Preis, Risiken und Sicherheit sowie Qualität des Bauwerks genannt.

In der Zeit vom 12.6.2009 bis 2.7.2009 wurden von verschiedenen Bietern insgesamt 65 Fragen zu inhaltlichen und technischen Einzelheiten des Vorhabens gestellt und mit mehreren per E-Mail übersandten Schreiben des Projektsteuerers an alle zur Angebotsabgabe aufgeforderte Bieter beantwortet.

Zu dem angegebenen Termin lagen acht indikative Angebote mit Baubeschreibung, Ansichtsplänen, Angabe der Projektkosten, Plänen und Ansichten vor. Am 9.7.2009 wurden die eingereichten Entwürfe von einem Preisgericht nach den Kriterien Architektonische Gestaltung (Städtebau, Baukörper, Materialien) und Funktionalität (innere und äußere Erschließung) bewertet. Den Mitgliedern war hierbei nicht bekannt, welcher Entwurf von welchem Bieter stammte, vielmehr wurden für die Beurteilung Bieternummern vergeben. Für die Architektur erhielt die Beigeladene den ersten und die Antragstellerin den dritten Rang, für die Funktionalität erhielten beide den dritten Rang, der zweite Rang wurde nicht vergeben.

Die formale Überprüfung der Angebote ergab, dass in allen Fällen bestimmte in den Vergabeunterlagen geforderte Erklärungen nicht beigefügt und daher die Mindestbedingungen nicht eingehalten waren. Die Antragsgegnerin beschloss, von der nach § 26 VOB/A zulässigen Aufhebung des Verfahrens und anschließender Einleitung eines Verhandlungsverfahrens ohne erneute öffentliche Bekanntmachung abzusehen und stattdessen das Verhandlungsverfahren mit allen Bietern fortzuführen. Hierüber wurden alle Bieter, die ein indikatives Angebot abgegeben hatten, mit Schreiben vom 10.7.2009 informiert. Es wurde ihnen Gelegenheit gegeben, bis zum 15.7.2009 Ergänzungen zu den Angeboten zu übersenden. Hiervon machten alle acht Bieter Gebrauch.

Nach formaler und inhaltlicher Prüfung der Angebote verblieben vier Bieter in der engeren Wertung, darunter auch die Antragstellerin und die beigeladene Bietergemein...

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