Leitsatz (amtlich)
1. Für die Zulässigkeit eines Antrages auf Einleitung eines Spruchverfahrens reicht es aus, wenn der Antragsteller innerhalb der Antragsfrist von 3 Monaten seine Antragsberechtigung darlegt. Der urkundliche Nachweis der Antragsberechtigung kann auch nach Ablauf der Antragsfrist erfolgen.
2. Sind Namensaktien ausgegeben, so ist bei Auseinanderfallen von materieller Berechtigung und Eintragung im Aktienregister § 67 Abs. 2 AktG, der nur für im Aktienregister eingetragene Personen eine unwiderlegbare Vermutung der Aktionärsstellung begründet, auch auf die Antragsberechtigung im Spruchverfahren anzuwenden. Allerdings ist es zur Darlegung der Antragsberechtigung jedenfalls in der Anfangsphase der Anwendbarkeit des SpruchG ausreichend, wenn der Antragsteller sich auf seine Aktionärsstellung beruft; welche konkreten urkundlichen Nachweise hierfür im Einzelfall erforderlich sind, bestimmt das Gericht bei der amtswegigen Prüfung der Zulässigkeit des Antrages.
Normenkette
SpruchG § 3 S. 3, § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, § 12; AktG § 67 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 10.03.2005; Aktenzeichen 3/5 O 327/04) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Antrag des Antragstellers zulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 200.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin und die AG, ein börsennotiertes Unternehmen, welches nicht vinkulierte Namensaktien ausgegeben hat, schlossen am 22.6.2004 einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag, der nach Zustimmung der Hauptversammlung der AG mit Beschluss vom 30./31.7.2004 am 2.8.2004 in das Handelsregister eingetragen und am 18.8.2004 im Bundesanzeiger als letztem Veröffentlichungsorgan bekannt gemacht wurde.
Neben vielen anderen Personen stellte der Antragsteller am 17.11.2004 Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren gegen die Antragsgegnerin über die Angemessenheit der Barabfindung und des Ausgleiches und machte hierbei unter Vorlage einer Bescheinigung der Depotbank geltend, Aktionär der AG zu sein.
Die Antragsgegnerin führte in ihrer Antragserwiderung vom 14.1.2005 im Wesentlichen aus, der Antrag sei unzulässig, weil innerhalb der Antragsfrist nicht der urkundliche Nachweis der Antragsberechtigung zum Zeitpunkt der Antragstellung erbracht worden sei. Des Weiteren machte sie bezüglich einzelner anderer namentlich benannter Antragsteller geltend, dass diese zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Aktienregister der AG eingetragen waren, obwohl dies bei Namensaktien nach dem auch im Spruchverfahren anwendbaren § 67 Abs. 2 SpruchG als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung zu fordern sei.
Das LG wies mit Beschlüssen vom 10.3.2005 die Anträge einer Vielzahl von Antragstellern, zu denen auch der hiesige Antragsteller gehört, als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, weil es an der Zulässigkeitsvoraussetzung des innerhalb der Antragsfrist zu führenden urkundlichen Nachweises der Antragsberechtigung fehle; dieser hätte hier wegen § 67 Abs. 2 AktG nur durch Vorlage einer schriftlichen Auskunft aus dem Aktienregister geführt werden können.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, mit der er insb. geltend macht, für die Zulässigkeit des Antrages reiche die Darlegung der Antragsberechtigung innerhalb der Antragsfrist aus, während deren urkundlicher Nachweis auch danach erbracht werden könne. Das LG hätte jedenfalls darauf hinweisen müssen, wenn es die Vorlage einer Auskunft aus dem Aktienregister für erforderlich halte.
Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II. Die sofortige Beschwerde, mit der sich der Antragsteller gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Durchführung eines Spruchverfahrens wendet, ist gem. § 12 Abs. 1 SpruchG zulässig. Sie wurde formgerecht nach § 12 Abs. 1 S. 2 SpruchG durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung der landgerichtlichen Entscheidung gem. §§ 11 Abs. 3, 12 Abs. 1 S. 1 SpruchG, 22 Abs. 1 S. 1 FGG eingelegt. Unabhängig von der Frage der Antragsberechtigung im Ausgangsverfahren ist der Antragsteller jedenfalls deshalb beschwerdebefugt, weil sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom erstinstanzlichen Gericht als unzulässig zurückgewiesen wurde (BGH v. 22.2.1989 - IVb ZB 209/87, MDR 1989, 620 = NJW 1989, 1860; Keidel/Kunze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 FGG Rz. 10, m.w.N.).
Die sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da der Antragsteller seine Antragsberechtigung dargelegt hat und der Senat keinen Anlass hat, einen über die vorgelegte Urkunde hinausgehenden Nachweis zu fordern.
Der Senat vertritt in Übereinstimmung mit dem OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.9.2004 - 20 W 13/04, ZIP 2004, 1907 = NZG 2004, 1161 = Konzern 2004, 108 = DB 2004, 2092 = BB 2004, 2151) und dem OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.2.2005 - ...