Leitsatz (amtlich)
Im Spruchverfahren zur Bestimmung der Barabfindung muss der ausgeschiedene Minderheitsaktionär innerhalb der Antragsfrist seine Antragsberechtigung nur darlegen. Der urkundliche Nachweis der Antragsberechtigung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Eintrittes der Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses durch Eintragung im Handelsregister muss nicht innerhalb der Antragsfrist erbracht werden.
Normenkette
AktG §§ 327a, 327b, 327 f.; SpruchG § 3 S. 3, § 4 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, § 12
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.01.2005; Aktenzeichen 3/5 O 103/04) |
Tenor
Ziff. II. des angefochtenen Beschlusses wird bezüglich der Antragstellerin aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Antrag der Antragstellerin zulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 200.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin ist Hauptaktionärin der X AG. Auf deren Hauptversammlung wurde im Mai 2004 ein Squeeze-out beschlossen, der am 23.7.2004 in das Handelsregister eingetragen und am 5.8.2004 als letztem Veröffentlichungsorgan im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.
Neben vielen anderen hat die Antragstellerin am 6.9.2004 Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren gegen die Antragsgegnerin über die Angemessenheit der Barabfindung gestellt und eine Bescheinigung ihrer Depotbank vom 5.8.2004 über die Auszahlung der obligatorischen Barabfindung für Aktien der X AG beigefügt.
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Antragserwiderung vom 15.12.2004 insb. beanstandet, es fehle wie bei vielen anderen Antragstellern am innerhalb der Antragsfrist vorzulegenden Nachweis der Antragsberechtigung. Nach den vorgelegten Bankbescheinigungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Aktien, die dann nur noch den Abfindungsanspruch verbrieften, erst nach dem 23.7.2004 erworben worden seien.
Das LG hat mit Verfügung vom 17.12.2004 darauf hingewiesen, dass gegen die Zulässigkeit einer Vielzahl von Anträgen wegen der fehlenden Vorlage von Originalurkunden zum Nachweis der Aktionärsstellung Bedenken bestünden und unter Fristsetzung zum 17.1.2005 und Ankündigung einer sodann beabsichtigten Entscheidung zur Zulässigkeit der Anträge Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu und zu den Zulässigkeitsrügen der Antragsgegnerin eingeräumt.
Darauf hin hat die Antragsstellerin zunächst unter Vorlage einer Eintrittskarte für die Hauptversammlung der X AG vom Mai 2004, in welcher ihr Bevollmächtigter einen Widerspruch zu Protokoll des Notars erklärt habe, geltend gemacht, seitdem Aktionär geblieben zu sein und am 17.1.2005 eine Bestätigung ihrer Depotbank über die Aktionärseigenschaft am 23.7.2004 per Fax übersandt.
Das LG hat mit Beschl. v. 28.1.2005 den Antrag der Antragstellerin und zehn weiterer Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Antragsteller hätten es versäumt, innerhalb der am 5.11.2004 abgelaufenen Antragsfrist ihre Stellung als Aktionäre zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister durch Urkunden nachzuweisen, obwohl dies entgegen der Auffassung des OLG Stuttgart (OLG Stuttgart v. 13.9.2004 - 20 W 13/04, AG 2005, 301 = OLGReport Stuttgart 2005, 18 = ZIP 2004, 1907) erforderlich sei. Jedenfalls seien die Anträge aber bereits deshalb unzulässig, weil nach Bestreiten der Antragsberechtigung durch die Antragsgegnerin die Antragsteller ihre Aktionärsstellung durch die später ausgestellten Bankbescheinigungen nicht bezogen auf den notwendigen Zeitpunkt der Handelsregistereintragung vom 23.7.2004 nachgewiesen hätten.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren bisherigen Vortrag vertieft, nochmals auf die am 17.1.2004 per Fax übersandte Bescheinigung hinweist und insb. geltend macht, das LG hätte einen vorherigen konkreten Hinweis erteilen müssen, wenn es die zunächst vorgelegte Bankbescheinigung nicht als ausreichend erachte und bereit sei, später vorgelegte Bescheinigungen zu akzeptieren.
II. Die sofortige Beschwerde, mit welcher sich die Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres Antrages auf Durchführung eines Spruchverfahrens wendet, ist gem. § 12 Abs. 1 SpruchG zulässig. Sie wurde formgerecht nach § 12 Abs. 1 S. 2 SpruchG durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung der landgerichtlichen Entscheidung gem. §§ 11 Abs. 3, 12 Abs. 1 S. 1 SpruchG, 22 Abs. 1 S. 1 FGG eingelegt. Unabhängig von der Frage der Antragsberechtigung im Ausgangsverfahren ist die Antragstellerin jedenfalls deshalb beschwerdebefugt, weil ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom erstinstanzlichen Gericht als unzulässig zurückgewiesen wurde (BGH v. 22.2.1989 - IVb ZB 209/87, MDR 1989, 620 = NJW 1989, 1860; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 10, m.w.N.).
Die sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da die Antragstellerin durch Urkunde nachgewiesen hat, dass s...