Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendiger Inhalt von Entscheidung über Umgangsrecht nach § 1684 BGB
Leitsatz (amtlich)
Familiengerichte dürfen sich bei der Entscheidung über das elterliche Umgangsrecht nach § 1684 BGB nicht darauf beschränken, den Umgangsantrag des betroffenen Elternteiles zurückzuweisen.
Normenkette
BGB § 1684; FamFG § 69 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Offenbach (Beschluss vom 22.04.2013; Aktenzeichen 312 F 486/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Offenbach vom 22.4.2013 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das AG Offenbach zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer und die Antragsgegnerin sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des betroffenen Kindes. Sie lebten nach der Geburt des Kindes zunächst zusammen bis es ... zur Trennung kam, wobei das Kind im mütterlichen Haushalt verblieb und der Kindesvater zunächst ausreichende Umgangskontakte mit dem Kind hatte. Im Jahr 20 ... wurde der Kindesvater von der Kindesmutter des sexuellen Missbrauchs an dem gemeinsamen Kind beschuldigt und der Umgang seit März 20 ... zunächst ausgesetzt. In einem vom AG Langen im Verfahren ... eingeholten Sachverständigengutachten vom ... 2012 bestätigte sich dieser Verdacht ausweislich der Beschlussgründe der angefochtenen Entscheidung nicht. Am ... 2012 schlossen die Kindeseltern sodann eine Vereinbarung zur Durchführung begleiteten Umgangs, der dann in der Folgezeit auch durch den Deutschen Kinderschutzbund Stadt1 beaufsichtigt wurde. Nach anfänglich gutem Verlauf traten dann aber Probleme bei der Durchführung der begleiteten Kontakte auf, die dazu führten, dass diese weder fortgesetzt noch in den vom Antragsteller gewünschten unbegleiteten Umgang übergingen.
Der Kindesvater begehrt nunmehr im vorliegenden Verfahren unbegleiteten Umgang mit seinem Kind und ist zu begleiteten Umgangskontakten nicht mehr bereit.
Die Kindesmutter und das Jugendamt treten diesem Antrag entgegen und sprechen sich wegen der von dem Kind geäußerten Ängste für eine Beibehaltung begleiteter Umgänge aus.
Das AG hat einen Verfahrensbeistand für das Kind nicht bestellt und nach Anhörung des Kindes und der Eltern den Antrag des Kindesvaters auf Regelung des Umganges mit dem Kind "zurückgewiesen". Als Begründung hat es angeführt, dass unbegleitete Kontakte mit dem Antragsteller nicht dem Kindeswohl entsprechen würden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat zumindest vorläufig Erfolg, da das AG in der Sache eine Endentscheidung nicht getroffen hat.
Es entspricht ganz herrschender Meinung, dass sich die Familiengerichte bei der Entscheidung über das elterliche Umgangsrecht nach § 1684 BGB nicht darauf beschränken können, den Umgangsantrag des betroffenen Elternteiles zurückzuweisen (BVerfG FamRZ 2006, 1005; 2005, 1815; BGH NJW 1994, 312; OLG Celle FamRZ 1990, 1026; Heilmann NJW 2012, 16, 20; Johannsen/Henrich/Jaeger § 1684 BGB Rz. 43).
Das Umgangsrecht des nichtsorgeberechtigten Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt (vgl. BVerfGE 31, 194, 206). Dabei kann über Dauer und Häufigkeit von Besuchen nur nach der jeweiligen Lage des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Kindeswohls und unter Beachtung der berechtigten Wünsche der Eltern und des Kindes sachgerecht entschieden werden. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts ist nach § 1684 Abs. 4 BGB nur dann veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalles der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren.
Soweit das AG eine Regelung des Umgangsrechts abgelehnt hat, hat es eine Entscheidungsform gewählt, die gesetzlich so nicht vorgesehen ist. Ausweislich der Entscheidungsgründe besteht bislang keine vollstreckbare Regelung des Umgangsrechts des Antragstellers. Der von den Eltern am ... 2012 geschlossenen Vereinbarung zur Aufnahme begleiteter Umgangskontakte kommt eine solche Wirkung nicht zu, zumal begleiteter Umgang ohne Mitwirkungsbereitschaft des berechtigten Elternteils nicht vorstellbar ist (vgl. OVG Brandenburg-Berlin ZKJ 2012, 362). Als Grundlage einer Vollstreckung nach § 89 FamFG ist eine Umgangsregelung nur dann geeignet, wenn sie genaue Angaben über Art, Ort und Zeit des Umganges sowie der Modalitäten des Umganges enthält, wie insbesondere die Frage des Abholens oder Bringens des Kindes und die zur Durchführung begleiteter Umgänge bereite Person (OLG Köln JAmt 2011, 166; OLG Koblenz 2007, 1682; Keidel/Giers § 89 FamFG Rz. 4; Palandt/Göt...