Leitsatz (amtlich)
Ein Verstoß gegen § 13 Abs. 3 S. 2 AsylVfG hat auf den Bestand der gesetzlichen Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG keinen Einfluss.
Normenkette
AuslG § 57 Abs. 2 Nr. 1; AsylVfG § 13 Abs. 3 2, § 14 Abs. 4, § 55 Abs. 1, § 67
Verfahrensgang
LG Hanau (Beschluss vom 30.07.2003; Aktenzeichen 3 T 191/03) |
AG Hanau (Beschluss vom 16.07.2003; Aktenzeichen 52-XIV 79 B) |
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Abschiebungshaftanordnung des AG Hanau vom 16.7.2003, bestätigt durch Beschluss des LG Hanau vom 30.7.2003, soweit sie vollzogen wurde, rechtswidrig war.
Der Antragsteller hat die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Gründe
Der Betroffene, der nach eigenen Angaben am 25.5.2003 illegal auf dem Landwege die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, wurde am 4.6.2003 in einem Lebensmittelgeschäft in ... - an der Kasse sitzend - festgenommen. Bevor er am 5.6.2003 wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Ausländergesetz in Untersuchungshaft genommen wurde, stellte der Betroffene beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge per Fax einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 9.7.2003 wies das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet zurück. Am 16.7.2003 wurde der Betroffene durch das AG in Hanau zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung verurteilt und aus der Untersuchungshaft entlassen. Ebenfalls am 16.7.2003 ordnete das AG Hanau auf Antrag des Antragstellers vom selben Tag gegen den Betroffenen Sicherungshaft bis zum 30.9.2003 an. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das LG Hanau durch Beschl. v. 30.7.2003 zurückgewiesen. Am 12.8.2003 wurde die Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid des Bundesamts vom 9.7.2003 vollziehbar. Am 15.9.2003 wurde der Betroffene abgeschoben.
Mit der am 14.8.2003 eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde wendet sich der Betroffene gegen den landgerichtlichen Beschluss und beantragt - nach der durch die Abschiebung eingetretenen Erledigung der Hauptsache im Rechtssinne - die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen.
Mit der Erledigung der Hauptsache im Rechtssinne ist das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nicht beendet; denn der Betroffene hat einen Anspruch darauf, dass der Senat prüft, ob die Haftanordnung rechtswidrig war (BVerfG v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99, BVerfGE 104, 220 = InfAuslR 2002, 132 = DVBl. 2002, 688 = FGPrax 2002, 137 = NJW 2002, 2456 = StV 2002, 609). Das ist hier der Fall.
Das LG ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Betroffene unerlaubt nach Deutschland eingereist ist und der begründete Verdacht besteht, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen. Da es hierbei um Fragen tatrichterlicher Würdigung geht, hat der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur darüber zu befinden, ob das LG bei seiner Beurteilung wesentliche Tatumstände übersehen hat oder seine Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen stehen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Feststellungen des LG tragen die tatrichterliche Überzeugung. Danach hielt sich der Betroffene mindestens drei Jahre lang illegal in Deutschland auf, hat in dem Lebensmittelgeschäft, in dem er festgenommen wurde, gearbeitet und zunächst versucht, seine wahre Identität zu verschleiern.
Der Betroffene macht geltend, ihm sei im Zeitpunkt der Haftanordnung der Aufenthalt nach § 55 Abs. 1 AsylVfG gestattet gewesen und dies stehe der Anordnung von Abschiebungshaft entgegen.
§ 55 Abs. 1 S. 1 AsylVfG gestattet einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, zur Durchführung des Asylverfahrens den Aufenthalt (Aufenthaltsgestattung). Die Voraussetzungen für die gesetzliche Aufenthaltsgestattung sind erfüllt, wenn der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat. Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung begehrt (§ 13 Abs. 1 AsylVfG). Während Ausländer, die nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere sind, an der Grenze um Asyl nachzusuchen haben (§ 13 Abs. 3 S. 1 AsylVfG), müssen sich Ausländer im Fall der unerlaubten Einreise unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung melden oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachsuchen (§ 13 Abs. 3 S. 2 AsylVfG).
Zu Recht geht der Betroffene davon aus, dass Sicherungshaft grundsätzlich nicht angeordnet oder aufrechterhalten werden darf, wenn dem Ausländer der Aufenthalt nach § 55 Abs. 1 AsylVfG gestattet ist (BayObLG, Beschl. v. 19.2.1998 - 3Z BR 42/98, BayObLGZ 1998, 47). Etwas anderes gilt nur unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 AsylVfG und nur insoweit als dies dort ausdrücklich bestimmt ist (BayObLG, Beschl. v. 19.2.1998 - 3Z BR 42/98, BayObLGZ 1998, 47). Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch nicht gegeben.
Das LG hat zunächst unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats (OLG Frankfurt, Beschl. v. 31.3.1998 - 20 W 94/98, AuAS 1998, 99 = InfAuslR 1998, 457) zutreffend ausgef...