Entscheidungsstichwort (Thema)

Informationspflichten nach § 5a UWG bei Werbung mit Testergebnis ("Nassrasierer")

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Werbung mit dem Testergebnis "gut" der Stiftung Warentest im Rahmen eines Fernsehspots muss grundsätzlich der Rang des Qualitätsurteils im Rahmen des Gesamttests deutlich gemacht werden, wenn mehrere Konkurrenzerzeugnisse mit "sehr gut" bewertet worden sind; dies gilt auch dann, wenn das Testergebnis des beworbenen Erzeugnis in Bezug auf alle getesteten Erzeugnisse (gerade noch) überdurchschnittlich war.

 

Normenkette

UWG § 5a

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis 250,000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, im Rahmen einer geschäftlichen Handlung den Nassrasierer "X" mit dem Qualitätsurteil der Stiftung Warentest "Gut 2,2 Ausgabe 12/2010" zu bewerben, ohne den Rang des verwendeten Qualitätsurteils erkennbar zu machen, wenn dies geschieht, wie in dem als Anlage AS 5 beigefügten Fernsehspot.

Die Kosten des Eilverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 200,000 EUR.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin aus §§ 3, 5a Abs. 2, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG zu.

Nach dem für geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern heranzuziehenden § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer als Unternehmer die Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern i.S.d. § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkung des Telekommunikationsmittels für eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers wesentlich ist. Sinn und Zweck dieser in Zuge der Umsetzung der UGP-Richtlinie in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb neu geschaffenen Vorschrift ist es, Fälle zu erfassen, in denen der Verbraucher, ungeachtet der Frage, ob durch die Nichtinformation eine Irreführung herbeigeführt wird, durch das Vorenthalten einer wesentlichen Information zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden kann, die er nicht getroffen hätte, wenn ihm diese Information zur Verfügung gestanden hätte (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 5a Rd 29).

Diese Voraussetzungen sind in dem vorliegenden Fall gegeben. In dem beanstandeten Fernsehspot wird der Rasierapparat "X" der Antragsgegnerin beworben, indem gegen Ende des Spots das Logo der Stiftung Warentest vorübergehend bildschirmfüllend gezeigt und dazu angegeben wird: "Gut 2,2 Ausgabe 12/2010". Darüber hinaus enthält diese Einblendung lediglich die weitere Angabe "Im Test: 42 Nassrasierer". Nicht angeben wird in der Werbung, dass der "X" unter den 15 getesteten Nassrasieren mit Wechselklingen - bei den übrigen Testkandidaten handelte es sich um Einwegrasierer - lediglich den sechsten Platz eingenommen hat, wobei zwei Nassrasierer - der Antragstellerin - mit "sehr gut 1,4" und "sehr gut 1,5" bewertet wurden und drei weitere - ebenfalls von der Antragstellerin angebotene Rasierer - die Note "Gut" mit einem Notendurchschnitt von 1,7 bzw. 1,9 erhielten.

Die Information darüber, wie die Bewertung des "X" in das Umfeld seiner Konkurrenten einzuordnen ist, ist für den Verbraucher, an den die streitgegenständliche Werbung ausschließlich gerichtet ist, wesentlich für eine Kaufentscheidung. Der BGH hat bereits in der Entscheidung "Test gut" (Urt. v. 11.3.1982 - I ZR 71/80 - GRUR 1982, 727 - juris-Tz. 15) zu § 3 UWG a.F. entschieden, dass es irreführend sein kann, wenn bei der Mitteilung eines Qualitätstests der Stiftung Warentest nicht über die Anzahl besserer Testergebnisse aufgeklärt wird. Denn durch die Mitteilung, dass ein Produkt bei der Stiftung Warentest mit der Bewertung "gut 2,2" abgeschlossen hat, können die angesprochenen Verkehrskreise nicht nur die Erwartung verbinden, dass das getestete Produkt objektiv, das heißt im Verhältnis zum Stand der Technik "gut" ist, sondern auch im Testfeld einen herausragenden Platz eingenommen hat. Dies folgt bereits aus der für den Verbraucher naheliegenden Überlegung, dass mit einem Testergebnis der Stiftung Warentest regelmäßig nur werben wird, wer in dem Test nicht nur absolut, sondern relativ gut abgeschlossen hat, und gilt unter dem geltenden UWG, das der Aufklärung bei einer an Verbraucher gerichteten geschäftlichen Handlung besondere Bedeutung beimisst, erst recht. Sofern sich der Unternehmer - was ihm unbenommen bleibt - dazu entscheidet, seine Waren oder Dienstleistungen mit Testergebnissen wie denen der Stiftung Warentest zu bewerben, kann von ihm deshalb auch verlangt werden, erkennbar zu machen, welchen Rang sein Produkt in dem Test einnimmt. Als Maßstab können dabei die von der Stiftung Warentest aufgestellten als solche aber unverbindlichen Richtlinien der Stiftung War...

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