Entscheidungsstichwort (Thema)
Musterentscheid im Kapitalanleger-Musterverfahren N. ./. Morgan Stanley Real Estate Investment GmbH
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-21 OH 2/14) |
Tenor
Es wird festgestellt, dass zwischen den Anteilserwerbern des Offenen Immobilienfonds P2 Value (WKN: A0F6G8) und der Beklagten ein Vertrag nach dem Investmentgesetz ("Investmentvertrag") zustande kam, die Anteilserwerber somit Vertragspartner der Beklagten wurden.
Die weiteren Feststellungsanträge werden zurückgewiesen.
Gründe
I) Die Parteien streiten im Rahmen eines Musterverfahrens nach dem KapMuG über die Fragen, ob die Prospekte des von der Musterbeklagten aufgelegten offenen Immobilienfonds P 2 Value (WKN: A0F6G8) zutreffende Informationen über die Anlage enthalten und ob eine Haftung der Beklagten auf vertraglicher bzw. quasi-vertraglicher und deliktischer Grundlage besteht.
Der streitgegenständliche Fonds wurde von der Musterbeklagten, einer Tochter der Morgan Stanley International Holding Inc., zum 4.11.2005 aufgelegt, Depotbank war zunächst die Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, München, zuletzt (ab 2009) war und ist es die CACEIS Bank Deutschland GmbH.
Ein erster Prospekt datiert vom November 2005, in diesem war als Anlageziel angegeben:
Als Anlageziele des Sondervermögens werden regelmäßige Erträge auf Grund zufließender Mieten und Zinsen sowie ein langfristiger Wertzuwachs eines geographisch global ausgerichteten Portfolios angestrebt Der weltweit investierende Fond wird sowohl innerhalb als auch außerhalb der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") Immobilien erwerben. Als Investitionsschwerpunkte stehen der europäische, nordamerikanische und asiatisch/pazifische Wirtschaftsraum im Vordergrund.
Das Immobilienvermögen des Fonds sollte in zwei verschiedene Portfolios aufgeteilt werden:
Kern-Portfolio
Mindestens 60 % der Immobilien werden dem Kern-Portfolio zugeordnet. Überwiegend langfristig vermietete Immobilien, die über einen längeren Zeitraum gehalten werden, sollen für stabile, langfristige Einnahmen aus der Vermietung sorgen.
Trading-Portfolio
Bis zu 40 % der Fondsimmobilien gehören zum Trading-Portfolio. Diese werden regelmäßig nur bis zu 5 Jahre gehalten. Das Trading-Portfolio soll für zusätzliche Renditechancen aus dem aktiven An- und Verkauf von Immobilien unter Ausnutzung von Marktzyklen sorgen.
Neben den Anlagen in Immobilien sollte auch - bis zu einem Umfang von 49 % des Vermögens des Fonds - Investitionen in Liquiditätsanlagen (z.B. Bankguthaben, Geldmarktinstrumente und Wertpapiere) möglich sein, wobei eine Mindestliquidität des Fonds von 5 % des Werts des Vermögens gesichert werden sollte.
Die Finanzierung der Investitionen sollte durch die Gelder der Anleger, Erträge aus den Immobilien und Darlehen Dritter ermöglicht werden. Für die Höhe der letztgenannten bestand jedoch die Einschränkung (Prospekt, S. 19):
Insgesamt dürfen die Belastungen 50 % des Verkehrswertes aller im Sondervermögen befindlichen Immobilien nicht überschreiten.
Der Prospekt - und gleichermaßen alle zeitlich nachfolgenden - bestimmten den Typus des angesprochenen Anlegers wie folgt:
Das Angebot zum Erwerb von Fondsanteilen richtet sich an alle Anleger, auch an solche, die mit der Kapitalanlage in Immobilienwerte nicht vertraut sind und die das Sondervermögen als komfortables Sparprodukt in Grundstückswerte nutzen wollen. Erfahrungen mit Immobilienanlagen und Kapitalmarkterfahrung sind nicht erforderlich. Es richtet sich auch an erfahrene Anleger, die ein Produkt mit der von diesem Sondervermögen verfolgten Anlagestrategie suchen. Empfohlen ist ein Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren, der Anleger sollte in der Lage sein, leichte vorübergehende Verluste hinzunehmen. Das Sondervermögen verfolgt eine ertragsorientierte Anlagepolitik und eignet sich für jedes Anlageportfolio.
In dem Prospekt war weiter die Berechnung des jeweiligen Rückgabepreises dargestellt, wobei insofern ein unabhängiger Sachverständigenausschuss alle 12 Monate den jeweiligen Wert der Fondsimmobilien feststellen sollte. Eine Neubewertung sollte dann erfolgen, wenn "wesentliche wertverändernde Umstände" eintreten würden. Die Ergebnisse der Ermittlungen sollten in die Berichte aufgenommen werden, die jeweils im Internet abrufbar sein sollten. Dort sollte auch der aktuelle Rückgabepreis veröffentlicht werden.
Im Prospekt wurde weiter auf die Möglichkeit der Aussetzung der Rücknahme hingewiesen, wobei es dazu unter der Überschrift "Rücknahmeaussetzung" (S. 30) hieß:
Die Kapitalanlagegesellschaft kann die Rücknahme der Anteile zeitweilig aussetzen, sofern außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen (§ 12 Abs. 4 der "Allgemeinen Vertragsbedingungen").
Außergewöhnliche Umstände liegen insbesondere vor, wenn
- eine Börse, an der ein wesentlicher Teil der Wertpapiere des Sondervermögens gehandelt wird (außer an gewöhnlichen Wochenenden und Feie...