Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit von §§ 652 Abs. 2, 655 Abs. 5 ZPO auf Antragsteller des vereinfachten Unterhaltsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Auch der Antragsteller des vereinfachten Unterhaltsverfahrens kann die Einwendungen auf die der Antragsgegner eine sofortige Beschwerde nach §§ 652 Abs. 2, 655 Abs. 5 ZPO stützen kann, mit der sofortigen Beschwerde geltend machen (aA OLG Frankfurt am Main 3. FamSenat, OLG Rep. Frankfurt am Main, 2001, 312).
Normenkette
ZPO § 648 Abs. 1, § 652 Abs. 2, § 655 Abs. 3 und 5
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.
Beschwerdewert: 1.620 DM.
Gründe
Durch Jugendamtsurkunde vom 19.5.1999 hatte sich der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin 89,6 % des jeweiligen Regelbetrags nach § 1 der Regelbetragsverordnung abzüglich hälftigem Kindergeld zu zahlen.
Mit dem am 8.1.2001 beim AG eingegangenen Antrag vom 2.1.2001 hat die Antragstellerin beantragt diesen Beschluss dahin zu ändern, dass das Kindergeld nicht angerechnet werden soll, soweit der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrags unterschreitet. Dem Antrag ist ein Beschlussentwurf beigefügt, in dem der Zeitpunkt, von dem ab die Abänderung wirksam sein soll, offen gelassen ist. Das AG hat entsprechend dem Beschlussentwurf einen Festsetzungsbeschluss erlassen und als Beginn der Änderung den 1.2.2001 eingesetzt.
Dem Antrag des Antragstellers vorausgegangen war eine außergerichtliche Aufforderung der Antragstellerin vom 14.11.2000 künftig monatlich 457 DM zu zahlen. Dieser Aufforderung ist der Antragsgegner nachgekommen und hat in der Zeit von Januar bis Juli 2001 monatlich laufend 457 DM Unterhalt gezahlt.
Der angefochtene Beschluss ist am 4.9.2001 an den Beistand der Antragstellerin mit vorbereitetem Empfangsbekenntnis abgesandt worden, dessen Rückgabe an das AG sich aus den vom AG dem Beschwerdegericht übersandten Akten nicht feststellen lässt. Mit einem am 17.9.2001 beim AG eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin ein als sofortige Erinnerung bezeichnetes Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 25.7.2001 eingelegt, mit dem sie rügt, dass die Abänderung erst ab 1.2.2001 angeordnet worden ist und nicht schon ab dem Datum des Eingangs des Antrags. Auch nach Hinweis des Berichterstatters des Senats, dass angesichts der Zahlung des geforderten Betrags im Januar 2001 ein Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittel nicht erkennbar sei, beharrt die Antragstellerin auf eine Bescheidung ihrer Beschwerde, da sie ein Rechtsschutzbedürfnis als gegeben erachtet.
Das fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss grundsätzlich statthaft. Nach heute in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegender Auffassung, können die Einwendungen, auf die der Antragsgegner des vereinfachten Verfahrens bzw. des Änderungsverfahrens nach
§ 655 ZPO eine sofortige Beschwerde gem. §§ 652 Abs. 2, 655 Abs. 5 ZPO stützen kann, auch vom Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde geltend gemacht werden (OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1160; OLG Stuttgart FamRZ 2000, 1161; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 652 Rz. 4, § 655 Rz. 22; Baumbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 652 Rz. 4, § 655 Rz. 12; Familienrechtsreform-Kommentar-Bäumel, § 652 ZPO, Rz. 4; Thomas-Putzo-Hüßtege, ZPO, 23. Aufl., § 652 Rz. 2, § 655 Rz. 10; Musielak/Borth, ZPO, 2. Aufl., § 652 Rz. 2, § 655 Rz. 6).
Während Zöller-Philippi seine in der 21. Auflage noch vertretene Gegenauffassung aufgegeben hat will in der Literatur lediglich noch der Münchner Kommentar (Coester-Waltjen in MünchKomm/ZPO, § 652 Rz. 4, § 655 Rz. 17) den Antragsteller in seiner Beschwerdebefugnis auf die Kostenfestsetzung beschränken. In der Rechtsprechung vertritt der 3. Familiensenat des OLG Frankfurt am Main die Auffassung, dass dem Antragsteller die sofortige Beschwerde nach §§ 652, 655 ZPO nicht zusteht und er auf die Rechtspflegererinnerung gem. § 11 RpflG, über die der Richter am AG abschließend zu entscheiden hat, zu verweisen sei (OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.2000 – 3 WF 253/99; Beschl. v. 2.10.2001 – 3 WF 201/01, OLGReport Frankfurt 2001, 312).
Der Senat schließt sich der in Rechtsprechung und Literatur ganz herrschenden Auffassung an, dass auch der Antragsteller mit der Beschwerde die Einwendungen geltend machen kann, auf die der Antragsgegner gem. §§ 652 Abs. 2, 648 Abs. 1 ZPO bzw. § 655 Abs. 3 und 5 ZPO eine Beschwerde stützen kann. Der Senat teilt nicht die Auffassung des 3. Familiensenats, dass die in § 652 ZPO normierte Beschwerdebefugnis nur dem Schuldnerschutz diene mit der Folge, dass eine Beschwerde des Antragstellers unstatthaft sei. Eine ausdrückliche Beschränkung der Beschwerdebefugnis auf den Antragsgegner lässt sich den Vorschriften der §§ 652 und 655 ZPO nicht entnehmen. Der in diesen Vorschriften verwandte Begriff ‚Einwendungen’ ist nicht technisch in dem Sinne zu verstehen, dass es sich um Einwendungen handelt, die der Schuldner einem gegen ihn gerichteten materiell-rechtlichen Anspruc...