Entscheidungsstichwort (Thema)
Aliud. anderer Anspruch. Berufung. Beschwer. Streitgegenstand. Unzulässigkeit der Berufung wegen fehlender Beschwer
Leitsatz (amtlich)
Eine Berufung ist unzulässig, wenn mit ihr nicht die Beseitigung einer in dem erstinstanzlichen Urteil liegenden Beschwer verfolgt, die Abweisung des erstinstanzlich erhobenen Anspruchs vielmehr hingenommen und statt dessen ein anderer prozessualer Anspruch verfolgt wird.
Normenkette
ZPO §§ 513, 511
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Entscheidung vom 26.07.2010; Aktenzeichen 1 O 293/09) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung unzulässig und deshalb gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO zu verwerfen sein dürfte.
Gründe
Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, ist eine Berufung unzulässig, wenn mit ihr nicht die Beseitigung einer in dem erstinstanzlichen Urteil liegenden Beschwer verfolgt, die Abweisung des erstinstanzlich erhobenen Anspruchs vielmehr hingenommen und statt dessen ein anderer prozessualer Anspruch verfolgt wird (BGH NJW 1994, 3358; 1996, 527; 2003, 2172; NJW-RR 1991, 1279; MDR 2008, 135).
So liegt es hier. Die Klägerin hat in erster Instanz ihren Schadensersatzanspruch darauf gestützt, dass der Beklagte durch unzulängliche Prozessführung bzw. durch unzureichende Hinweise an die Klägerin dafür verantwortlich sei, dass die gegen die Haftpflichtversicherung der Klägerin erhobene Deckungsklage wegen Versäumung der Klagefrist abgewiesen worden sei. In der Berufungsinstanz macht die Klägerin geltend, der Beklagte habe seine anwaltlichen Pflichten dadurch verletzt, dass er der Klägerin nicht von der Erhebung der aussichtslosen Deckungsklage abgeraten habe. Dementsprechend beschränkt die Klägerin den Zahlungsantrag, der ursprünglich auch die Haftpflichtforderung umfasste, nun auf die Kosten des erfolglos gebliebenen Deckungsprozesses.
Damit macht die Klägerin einen anderen als den durch das angefochtene Urteil abgewiesenen Anspruch geltend. Zwar ist der Zahlungsantrag teilidentisch. Darin erschöpft sich aber der erhobene Anspruch nicht. Zum prozessualen Anspruch, auf den es hier ankommt, gehört auch der ihm zugrunde liegende Lebenssachverhalt. Der haftungsbegründende Sachverhalt, aus dem der mit der Berufung geltend gemachte Beratungsfehler sich ergeben soll, ist aber verschieden von dem, der in erster Instanz Grundlage des erhobenen Anspruchs gewesen ist. Denn in erster Instanz hat die Klägerin ihren Anspruch nur darauf gestützt, dass der Beklagte die Versäumung der Klagefrist zu verantworten habe und andernfalls der Prozess gewonnen worden wäre.
Die Klägerin erhält Gelegenheit, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Fundstellen