Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung in Wettbewerbssachen: Indizielle Bedeutung von Streitwertangaben
Leitsatz (amtlich)
1. Den eigenen Streitwertangaben des Klägers oder Antragstellers zu Beginn des Verfahrens kommt in der Regel indizielle Bedeutung für das verfolgte Interesse zu; etwas anderes gilt dann, wenn diese Angaben nach den Gesamtumständen offensichtlich übersetzt erscheinen.
2. Wettbewerbsverstöße, die die Vorenthaltung einer Widerrufsbelehrung oder sonstiger gesetzlicher Informationen betreffen, rechtfertigen grundsätzlich nur verhältnismäßig geringe Streitwerte.
Normenkette
ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Gießen (Beschluss vom 02.01.2017; Aktenzeichen 6 O 2/17) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Der Streitwert des Eilverfahrens wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das für die Streitwertbemessung gemäß § 51 II GKG maßgebliche Interesse des Antragstellers an der Durchsetzung der mit dem Eilantrag geltend gemachten Unterlassungsansprüche erscheint mit dem vom Beschwerdeführer in der Antragsschrift angegebenen Streitwert von 15.000,- EUR angemessenen bewertet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Beschl. v. 3.11.2011 - 6 W 65/10; juris) kommt den eigenen Streitwertangaben des Klägers oder Antragstellers zu Beginn des Verfahrens indizielle Bedeutung für das verfolgte Interesse zu, da zu diesem Zeitpunkt die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht sicher beurteilt werden können; etwas anderes gilt dann, wenn diese Angaben nach den Gesamtumständen übersetzt erscheinen. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden.
Das LG hat zwar mit Recht angenommen, dass Wettbewerbsverstöße, die die Vorenthaltung einer Widerrufsbelehrung oder sonstiger gesetzlich vorgesehener Informationen betreffen, in der Regel nur verhältnismäßig geringe Streitwerte rechtfertigen, weil ein klagender Mitbewerber des Verletzers hierdurch in seinen eigenen geschäftlichen Belangen allenfalls mittelbar berührt wird (vgl. Senat GRUR-RR 2012, 95 m.w.N.). Dies betrifft hier jedoch nur die Unterlassungsanträge zu 1. b) bis d). Demgegenüber richtet sich der Unterlassungsantrag zu 1. a) dagegen, dass der Antragsgegner als gewerblicher Anbieter in der beanstandeten Werbung den unzutreffenden Eindruck eines Privatangebots erweckt. Die hierin liegende Irreführung des Verbrauchers insbesondere über die vermeintliche Preisgünstigkeit des Angebots ist im Allgemeinen in besonderer Weise geeignet, die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Daraus ergibt sich zugleich ein erhebliches Interesse des Antragstellers, der in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis mit dem Antragsgegner steht, eine solche Werbung künftig zu unterbinden.
Unter diesen Umständen kann der vom Beschwerdeführer bereits in der Abmahnung angegebene Hauptsachestreitwert von 20.000,- EUR nicht als offensichtlich übersetzt angesehen werden. Da für das Eilverfahren gemäß § 51 IV GKG ein Abschlag gegenüber dem Hauptsachestreitwert vorzunehmen ist, für den der Senat etwa ein Drittel ansetzt (vgl. Senat, Beschlüsse v. 16.8.2004 - 6 W 121/04, v. 09.04.2009 - 6 W 7/09 und vom 26.02.2009 - 6 W 149/08), ist der für das Eilverfahren angegebene Streitwert von 15.000,- EUR ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 III GKG.
Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) ist im Streitwertfestsetzungsverfahren kein Raum (§§ 68 I 5 i.V.m. 66 III 3 GKG).
Fundstellen
BauR 2017, 1251 |
WRP 2017, 719 |