Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktienrecht: Auswirkung des Squeeze-out auf das Spruchverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der spätere Squeeze-out der Minderheitsaktionäre lässt weder deren Antragsberechtigung noch das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines Spruchverfahrens entfallen.
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.03.2008) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 8. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 5.3.2008 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Antragsgegnerin und der sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1), 10) und 11) sowie des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre für die Abfindung abgeändert und insgesamt neu gefasst:
Die in § 5 des zwischen der Antragsgegnerin und der A1 AG geschlossenen Unternehmensvertrages vom 9.11.2000 vorgesehene angemessene Barabfindung wird auf 119,94 EUR, die aufgrund desselben Unternehmensvertrages gem. § 4 vertraglich geschuldete Ausgleichszahlung wird auf jährlich 6,50 EUR je Aktie festgesetzt.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der Vergütung der gemeinsamen Vertreter sowie die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung der gemeinsamen Vertreter werden der Antragsgegnerin auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin tragen die beschwerdeführenden Antragsteller jeweils zu einem Drittel. Die Antragsteller tragen ihre zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Geschäftswert des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird auf 914.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller waren Minderheitsaktionäre der A1 Aktiengesellschaft, (im Folgenden A1 AG). Bei dieser handelte es sich um eine an der Börse notierte Gesellschaft, deren Hauptaktionärin mit einem im November 2000 gehaltenen Anteil von 87,6 % die Antragsgegnerin, vormalige Antragsgegnerin zu 2), war, auf die die A1 AG, zuvor Antragsgegnerin zu 1), im Laufe des Beschwerdeverfahrens verschmolzen ist. Beide Gesellschaften gehörten der B Gruppe an, wobei die Tätigkeit der A1 AG sich ursprünglich auf den Geschäftsbereich C sowie den Sachbereich D erstreckte.
Der Geschäftsbereich C war in der A1.2 GmbH sowie deren Tochtergesellschaften, der in Griechenland belegenden A1.3 S. A. und der spanischen A1.4 S. L., zusammengefasst. Er umfasste die Aufbereitung, den Handel und den Vertrieb von C, ein u.a. in der Bauindustrie und im Gartenbau eingesetztes Material, sowie den Vertrieb sonstiger Bau- und Dämmstoffe. Das C wurde bis 1999 gemeinsam mit der deutschen C GmbH - einem mit der A1 AG nicht verbundenen Unternehmen - vermarktet. Ab dem 1.1.2000 erfolgte die Vermarktung über eine eigene Vertriebsorganisation der A1 AG. Hierfür erwarb die Gesellschaft am 25.7.2000 die C1 GmbH (im Folgenden: C1 GmbH) von der B Gruppe zu einem Preis von 250.000 DM, wobei mit dem Kauf für die A1 AG weiterer Aufwand im Jahr 2000 aus einem Darlehensverzicht i.H.v. 930.000 DM verbunden und in den Folgejahren Aufwand aus der Stilllegung der Betriebsstätte in einer Gesamthöhe von 530.000 DM geplant war. Die erworbene Gesellschaft wurde sodann etwa vier Monate später am 30.11.2000 an die A1.2 GmbH, eine hundertprozentige Tochter der A1 AG, zu einem Preis von 50.000 DM weiterveräußert und anschließend unter Realisierung eines Verschmelzungsgewinns i.H.v. 29.000 DM am 28.3.2001 auf die Erwerberin verschmolzen. Ende Februar 2002 verkaufte die A1 AG den gesamten Geschäftsbereich C an die deutsche C GmbH.
Der zweite Geschäftsbereich, D Rohstoffe, wurde durch die A1.5 GmbH, eine hundertprozentige Tochter der A1 AG, betrieben und beinhaltete die Aufbereitung von Rohstoffen zu D Produkten für zahlreiche Industrieanlagen sowie einen weltweiten Rohstoffhandel. Im Jahr 2003 löste man auch diesen zweiten, zunächst noch bei der A1 AG verbliebenen Bereich heraus und integrierte ihn in die B Gruppe. Seither ist die A1 AG nur noch ein Firmenmantel ohne eigenes Geschäft.
Am 9.11.2000 - wie bereits zuvor im Rahmen einer Ad-hoc Mitteilung vom 11.8.2000 bekanntgegeben - schloss die A1 AG als beherrschte Gesellschaft mit der Antragsgegnerin als herrschendem Unternehmen einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag. Dem Vertrag stimmte die Hauptversammlung der A1 AG am 20.12.2000 zu. Er wurde am 14.2.2001 ins Handelsregister der A1 AG eingetragen. Die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 21.3.2001.
Auf der Grundlage eines bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E (im Folgenden E) in Auftrag gegebenen Gutachtens, in dem ein Unternehmenswert von 21.417.000 EUR ermittelt wurde und auf das Bezug genommen wird, sah der Unternehmensvertrag eine Barabfindung von 89,24 EUR und eine jährliche feste Ausgleichszahlung i.H.v. 4,84 EUR je Aktie vor. Diese Beträge waren zuvor von der gem. § 293c AktG in der Fassung vom 1.5.1998 gerichtlich bestellten sachverständigen Prüf...