Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Ausschluss mehrerer geringfügiger Anrechte, deren Summe den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG überschreitet

 

Leitsatz (amtlich)

Der Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG bezieht sich auf jedes einzelne Anrecht und bildet keine Obergrenze für den Wert des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs. Die Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG ist auch möglich, wenn mehrere Anrechte vorliegen, deren Summe die Bagatellgrenze übersteigt. Dies ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, insbesondere der Versorgungssituation der Eheleute zu beurteilen.

 

Normenkette

VersAusglG § 18 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

AG Marburg (Beschluss vom 30.01.2012)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der ... Versicherung AG wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Marburg vom 30.1.2012 teilweise (in 4. der Entscheidungsformel) abgeändert.

Der Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der ... versicherung (VSNR ...) in Höhe eines Ausgleichswerts von 1.838,59 EUR unterbleibt.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 1.560 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 19.1.2012 ist die am ... 1992 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute auf den am 21.5.2011 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers geschieden worden. Der Versorgungsausgleich zwischen den beteiligten Eheleuten wurde im Verbundbeschluss wie folgt geregelt:

Im Wege der internen Teilung wurde zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Kommunalen Versorgungskasse ... ein Anrecht i.H.v. 48,48 Versorgungspunkten mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 19.920,56 EUR sowie bei dem Versorgungswerk der .... ein Anrecht mit einem Kapitalwert von 183.557,83 EUR zugunsten der Antragsgegnerin übertragen.

Umgekehrt wurde im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 6,5333 Entgeltpunkten mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 39.352,23 EUR und zwei Anrechte i.H.v. 1.838,59 EUR und i.H.v. 3.882,44 EUR aus zwei Lebensversicherungen der Antragsgegnerin bei der Beschwerdeführerin zugunsten des Antragstellers übertragen.

Der Ausgleich eines ebenfalls in der Ehezeit erworbenen Anrechts der Antragsgegnerin bei der X Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände mit einem Kapitalwert von 2.393,73 EUR wurde nicht ausgeglichen, da insoweit die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 VersAusglG bejaht wurden.

Der 47-jährige Antragsteller ist von Beruf ... und erzielt ein monatliches Einkommen von ca. 4.500 EUR. Die Antragsgegnerin ist Erzieherin und bezog zum Zeitpunkt der Scheidung Krankengeld i.H.v. monatlich 700 EUR. Aus der Ehe der beteiligten Eheleute sind drei Kinder hervorgegangen, zwei der Kinder leben im Haushalt der Antragsgegnerin, wobei eines dieser Kinder 12 Jahre alt ist.

Mit der am 19.4.2012 beim AG eingegangenen Beschwerde wendet sich die ... versicherung gegen den ihr am 10.4.2012 zugestellten Beschluss soweit dort der Versorgungsausgleich hinsichtlich des bei ihr bestehenden Lebensversicherungsvertrages mit einem Kapitalwert von 1.838,59 EUR zugunsten des Antragstellers durchgeführt wurde. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass hinsichtlich dieser Versorgungsanwartschaft ein Versorgungsausgleich nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht stattfinden dürfe, da der Ausgleichswert nach § 18 Abs. 3 VersAusglG die Geringfügigkeitsgrenze unterschreite und keine besonderen Gründe vorhanden seien, die eine Durchführung des Versorgungsausgleichs zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin rechtfertigen würden.

Entgegen der Auffassung des AG müsse der Ausgleich vorliegend auch unterbleiben, obwohl bei einer Addition des Anrechts mit dem ebenfalls ausgeschlossenen Anrecht der Antragsgegnerin bei der X Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände mit einem Kapitalwert von 2393,73 EUR der Grenzwert des § 18 Abs. 3 FamFG von 3066 EUR in der Summe überschritten werde.

Mit der Teilung der Anwartschaft sei einerseits für sie ein hoher Verwaltungsaufwand verbunden, darüber hinaus sei ein Ausgleich auch zur Altersabsicherung des Antragstellers nicht erforderlich, da dieser über eine ausreichende Altersversorgung verfüge. Ferner könne die aus dem Vertrag später resultierende Rente als Kleinbetragsrente gem. § 18 SGB IV abgefunden werden und stehe daher für einen ratierlichen Leistungsbezug im Rentenfall nicht zur Verfügung.

Die beteiligten Eheleute sind der Beschwerde nicht entgegengetreten.

II. Die nach § 58 FamFG statthafte und gem. § 63 FamFG fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Beschwerdeführerin i.S.d. § 59 FamFG durch die angefochtene Entscheidung des AG beschwert.

Nach § 228 FamFG gilt die Wertgrenze des § 61 FamFG für Beschwerden in Versorgungsausgleichssachen nicht, da im Interesse der Versicherteng...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge