Leitsatz (amtlich)
Eine Kostenentscheidung analog § 494a ZPO ohne vorherige Fristsetzung kommt nur in Betracht, wenn ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren sicher ausgeschlossen ist. Streiten die Parteien um die Durchführbarkeit eines solchen Hauptsacheverfahrens, muss dieser Streit dort ausgetragen werden, die Fristsetzung zur entsprechenden Klageerhebung ist dann keine bloße Förmelei, sondern unverzichtbar.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.10.2004; Aktenzeichen 2/26 OH 7/98) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Frankfurt/M. v. 5.10.2004 - Aktenzeichen 2/26 OH 7/98 - aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Antragstellerin hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen sechs Antragsgegner geführt. Nach Einholung des Sachverständigengutachtens hat sie sich mit der Antragstellerin zu 3) einen Vergleich geschlossen. Die Antragsgegnerin zu 1) hat beantragt, der Antragstellerin eine Frist zur Klageerhebung zu setzen. Nachdem das LG Bedenken am Rechtsschutzbedürfnis geäußert hatte, beantragte die Antragsgegnerin zu 1), der Antragsstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen. Dem hat das LG mit Beschluss v. 5.10.2004 entsprochen. Gegen diesen ihr am 8.10.2004 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin.
Die sofortige Beschwerde ist an sich statthaft. Das LG hat seine Entscheidung mit § 494a ZPO analog begründet, gegen diese Entscheidung ist nach § 494a Abs. 2 S. 2 ZPO die sofortige Beschwerde gegeben. Dieses Rechtsmittel ist form- und fristgerecht einlegt worden und hat auch in der Sache Erfolg.
Im vorliegenden Fall ist eine Kostengrundentscheidung nicht möglich. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind grundsätzlich Kosten des Hauptsacheverfahrens und sind von den Parteien im Verhältnis der dort ergehenden Kostenentscheidung zu tragen (BGHZ 20, 4 [15]). Eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren muss unterbleiben" weil nicht feststeht, in welchem Verhältnis die Parteien unterliegen. Will eine Partei ihre Kosten erstattet haben, muss sie das Hauptsacheverfahren betreiben oder dem Gegner hierzu eine Frist setzen lassen (§ 494a Abs. 1 ZPO). Erst nach erfolglosem Fristablauf ist eine Kostenentscheidung möglich (§ 494a Abs. 2 ZPO).
Dahin stehen kann, ob § 494a ZPO entsprechende Anwendung auf die Fälle findet, in denen ein Rechtsschutzbedürfnis für die Fristsetzung zur Klageerhebung fehlt, weil der Antragssteller auf seine Rechte bereits verzichtet hat (so OLG Karlsruhe JurBüro 1996, 375; OLG Köln v. 9.5.1996 - 19 W 12/96, MDR 1997, 105 = OLGReport Köln 1996, 148; OLG München MDR 2001, 108; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 493 Rz. 4). Ein solcher Fall liegt vorliegend nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob der Vergleich bereits einen Verzicht auf die dem Beweisverfahren zugrunde liegenden materiellen Ansprüche enthält. Selbst wenn man dies annimmt, wirkt dieser Verzicht allein im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 3). Die Antragsgegnerin zu 1) war in diesen Vergleich nicht einbezogen und kann aus ihm Rechte nicht herleiten. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Antragsstellerin ausdrücklich klargestellt, dass sie eine Hauptsacheklage gegen die Antragsgegnerin zu 1) weiterhin für möglich hält und in Erwägung zieht. Dann muss ihr hierzu wie von der Antragstellerin zu 1) zunächst beantragt, eine Frist gesetzt werden. Kommt die Antragsstellerin innerhalb dieser Frist zu der Überzeugung, dass eine Hauptsacheklage rechtlich oder wirtschaftlich keine Aussicht auf Erfolg bietet und sieht von einer Klageerhebung ab, so liegen die Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO vor.
Eine Kostenentscheidung analog § 494a ZPO ohne vorherige Fristsetzung kommt nur in Betracht, wenn ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren sicher ausgeschlossen ist. Streiten die Parteien um die Durchführbarkeit eines solchen Hauptsacheverfahrens, muss dieser Streit dort ausgetragen werden, die Setzung einer Frist zur entsprechenden Klageerhebung ist dann keine bloße Förmelei, sondern unverzichtbar. Nur so kann auch der Gefahr begegnet werden, dass sich die vorab ergangene Kostenentscheidung analog § 494a Abs. 2 ZPO und die Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens inhaltlich widersprechen.
Die vorliegende Beschwerdeentscheidung ergeht ohne Kostenentscheidung, da das Beschwerdeverfahren ohne Gegner geblieben ist (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 97 Rz. 9).
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Fundstellen
Haufe-Index 1311952 |
NJOZ 2005, 1304 |
OLGR-West 2005, 514 |