Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliches Interesse des Rechtsschutzversicherers an Akteneinsicht

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtsschutzversicherer, der Deckung gewährt hat, hat regelmäßig ein rechtliches Interesse im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO an der Einsichtnahme in die Akten des Rechtsstreits, an dem sein Versicherungsnahmer beteiligt ist, wenn er prüfen will, ob ihm ein kraft Gesetzes (§ 86 Abs. 1 VVG) übergegangener Anspruch des Versicherungsnehmers gegen dessen Prozessbevollmächtigten zusteht (Anschluss an: OLG Hamm, Beschluss vom 21.1.2020 - Az. I-15 VA 35/19; OLG Köln, Beschluss vom 6.8.2019 - Az. 7 VA 12/19; OLG Köln, Beschluss vom 12.8.2019 - Az. 7 VA 17/19).

 

Normenkette

BGB § 280; EGGVG § 23; VVG § 86; ZPO § 299 Abs. 2

 

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 11.11.2019 wird zurückgewiesen.

Die Vollziehung des Bescheids des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 08.10.2019 - Az. ... - wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung ausgesetzt.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 16.08.2019 (Bl. 17 d. Verwaltungsvorgangs) wandte sich die Verfahrensbevollmächtigte der weiteren Beteiligten an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Sie ersuchte im Namen der weiteren Beteiligten um Einsichtnahme in die Akten des Rechtsstreits mit dem Aktenzeichen ... des Landgerichts Frankfurt am Main (Az. des Oberlandesgerichts .../19; im Folgenden auch kurz: Ausgangsverfahren). Gegenstand des Ausgangsverfahrens war eine Klage der hiesigen Antragsteller gegen ein Finanzinstitut auf Schadensersatz.

Sie führte dazu im Wesentlichen aus, die weitere Beteiligte habe als Rechtsschutzversicherer für die bei ihr versicherten Antragsteller von diesen zu tragende Kosten des Ausgangsverfahrens im Innenverhältnis übernommen. Die weitere Beteiligte habe sie beauftragt, Regressansprüche gemäß § 280 BGB, § 86 VVG gegen die Rechtsanwaltskanzlei zu prüfen, welche die Antragsteller im Ausgangsverfahren vertreten hat.

Sie hat die Auffassung vertreten, der weiteren Beteiligten stehe ein Anspruch aus § 299 Abs. 2 ZPO auf Akteneinsicht zu. Ein rechtliches Interesse des Rechtsschutzversicherers sei anzuerkennen, wenn dieser Erstattungsansprüche aus dem geführten Rechtsstreit nach §§ 91 ff. ZPO überprüfen wolle. Aufgrund des Rechtsschutzversicherungsvertrages bestehe in einem solchen Falle ein auf Rechtsnormen beruhendes bzw. durch solche geregeltes Verhältnis. Denn ein Kostenerstattungsanspruch gehe nach §§ 91 ZPO, 86 Abs. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über.

Ein rechtliches Interesse bestehe auch dann, wenn Kostenerstattungsansprüche nach § 91 ZPO gerade nicht bestünden, sondern Regressansprüche gegen den Parteivertreter geltend gemacht werden sollten.

Ein rechtliches Interesse fehle erst dann, wenn der Dritte hoffe, mit den Angaben aus den Akten Ansprüche begründen zu können, die zu dem dortigen Streitstoff keinen Bezug hätten. So verhalte es sich vorliegend aber nicht. Die Kenntnis des Streitstoffs der Akten sei gerade erforderlich für die Prüfung und Substantiierung des auf die weitere Beteiligte bereits übergegangenen Anspruchs.

Wegen der weiteren Einzelheiten des vorgenannten Schriftsatzes wird auf diesen verwiesen.

Der Präsident des Oberlandesgerichts hörte die Parteien des Ausgangsverfahrens durch Übersendung des Schriftsatzes vom 16.08.2019 an die Prozessbevollmächtigten zur Stellungnahme an (vgl. Bl. 12 und 13 d. Verwaltungsvorgangs).

Mit Schriftsatz vom 17.09.2019 (Bl. 6 d. Verwaltungsvorgangs) meldete sich der Prozessbevollmächtigte (der hiesige Verfahrensbevollmächtigte) der Kläger des Ausgangsverfahrens (der hiesigen Antragsteller) und erklärte, sich gegen die Akteneinsicht zu wenden. Er ersuchte um Verlängerung der zur Stellungnahme auf das Akteneinsichtsgesuch gesetzten Frist, welche ihm der Präsident des Oberlandesgerichts bewilligte.

Eine weitere Stellungnahme einer Partei des Ausgangsverfahrens gelangte nicht zu dem Verwaltungsvorgang.

Mit vorliegend angefochtenem Bescheid vom 08.10.2019 (Bl. 1 d. Verwaltungsvorgangs) bewilligte die von dem Präsidenten des Oberlandesgerichts mit der Entscheidung über Akteneinsichtsgesuche Dritter betraute Richterin am Oberlandesgericht der weiteren Beteiligten die beantragte Akteneinsicht.

Der rechtlich geschützte Interessenkreis der weiteren Beteiligten werde durch das Ausgangsverfahren unmittelbar berührt. Etwaige Schadensersatzansprüche gegen ihren Prozessbevollmächtigten seien nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf die weitere Beteiligte übergegangen, soweit diese Kosten des Rechtsstreits übernommen habe. Dass diese Kosten getragen habe, ergebe sich bereits aus den Akten des Ausgangsverfahrens. Einer weiteren Glaubhaftmachung habe es insoweit nicht bedurft.

Weiterhin überwiege nach einer Interessenabwägung das Interesse der weiteren Be...

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