Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutzumfang eines eingetragenen Designs

 

Leitsatz (amtlich)

Lässt der Verwendungszweck eines als Design eingetragenen Erzeugnisses dem Entwerfer nur einen geringen Gestaltungsspielraum (im Streitfall: Schutzblech für Fahrradsattel), ist der Schutzumfang des Designs grundsätzlich gering; dies gilt unabhängig davon, ob auf dem betreffenden Warengebiet darüber hinaus bereits eine hohe "qualitative" Musterdichte besteht. Der Schutzumfang kann sich jedoch erweitern, wenn das eingetragene Design vom vorbekannten Formenschatz einen besonders großen - nämlich einen größeren als zur Begründung der Eigenart erforderlichen - Abstand hält (im Streitfall verneint).

 

Normenkette

GeschmMG 2004 § 38 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.10.2014; Aktenzeichen 2-3 O 296/14)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 30.000 EUR

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Antragstellerin stehen die geltend gemachten Unterlassungs- und Auskunftsansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Auf das beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene Design ... kann das Eilbegehren nicht gestützt werden, weil - wie das LG mit Recht angenommen hat - das angegriffene Erzeugnis nicht in den Schutzumfang des Verfügungsdesigns fällt (§ 38 II DesignG).

Bei der insoweit maßgeblichen Frage, ob das von der Antragsgegnerin angebotene Schutzblech beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt als das Verfügungsdesign, kommt es in erster Linie auf die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers im fraglichen Warenbereich an (§ 38 II 2 DesignG). Je geringer diese Gestaltungsfreiheit ist, desto enger ist auch der Schutzbereich des eingetragenen Designs mit der Folge, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede aus diesem Schutzbereich herausführen können (vgl. BGH GRUR 2013, 285 - Kinderwagen II, Tz. 31).

Der Grad der Gestaltungsfreiheit wird dadurch beeinflusst, welche Gestaltungsmöglichkeiten der Verwendungszweck des in Rede stehenden Erzeugnisses eröffnet (vgl. Senat GRUR-RR 2013, 251 - Henkellose Tasse, Tz. 16; Urt. v. 26.6.2014 - 6 U 17/13, juris-Tz. 41). Diese Gestaltungsmöglichkeiten sind hier sehr gering. Denn nicht nur Breite und Länge des vom Sattel abgehenden Schutzblechs selbst, sondern auch das Kopfteil, welches in den sich verjüngenden Sattel geschoben wird und daher dessen Form berücksichtigen muss, sowie die Aussparungen für die Sattelstreben sind nach Form und Anordnung im Wesentlichen durch den Gebrauchszweck vorgegeben. Ob - wie das LG angenommen hat - die Gestaltungsfreiheit (weiter) dadurch eingeengt wird, dass eine Vielzahl vorbekannter Designs, die untereinander nur noch einen geringen Abstand halten, bereits zu einer hohen "qualitativen" Musterdichte geführt haben (vgl. hierzu Senat, a.a.O., - 6 U 17/13, Tz. 42 m.w.N.), kann dahinstehen, da es hierfür auf die Entscheidung nicht ankommt.

Der Schutzumfang des Verfügungsdesigns erfährt auch nicht deshalb eine Erweiterung, weil das geschützte Design einen besonders großen - nämlich einen größeren als zur Begründung der Eigenart erforderlichen - Abstand zum vorbekannten Formenschatz hielte (vgl. hierzu Senat - Henkellose Tasse, Tz. 15). Denn zum vorbekannten Formenschatz gehört nach dem Vorbringen der Antragstellerin auch das Modell "X" gemäß Anlage A 1 zum Schreiben des Antragsgegnervertreters vom 13.8.2014 (Anlage ASt 8 zur Antragsschrift); die Antragstellerin hat jedenfalls nicht vorgetragen, dass die entsprechende Behauptung der Antragsgegnerin (Ziff. 1. des Schreibens vom 13.8.2014) unzutreffend sei. Von diesem Design unterscheidet sich das Verfügungsdesign lediglich dadurch, dass das Kopfteil auf die zusätzliche "Nase" am Ende verzichtet und einem Dreieck mit abgerundeter Spitze nahekommt, und dass das Ende des Schutzblechs selbst leicht abgerundet ist. Auch wenn diese Abweichungen ausreichen, um beim informierten Benutzer einen anderen ästhetischen Gesamteindruck zu erwecken und damit die Eigenart zu begründen (§ 2 III DesignG), hält das Verfügungsdesign vom vorbekannten Formenschatz keinen derart weiten Abstand, dass dadurch der Schutzumfang erweitert würde.

In den demnach engen Schutzumfang des Verfügungsdesigns fällt die angegriffene Ausführungsform nicht mehr, da sie auf Grund der vorhandenen Abweichungen beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck erweckt als das Verfügungsdesign. Die maßgebenden Abweichungen sind dabei zum einen in der "eckigen" - statt abgerundeten - Ausgestaltung des unteren Endes des Schutzblechs und zum andern in den beiden halbrunden Aussparungen an jeder Seite des angegriffenen Schutzblechs zu sehen. Gerade diese Aussparungen sind geeignet, den Gesamteindruck gegenüber dem Verfügungsdesign in dem erforderlichen (geringen) Ausmaß zu verändern, da sie - worauf das LG mit Recht hingewiesen hat - keine technische Funktion haben und für den Betrachter auf den ersten Blick zu erkennen sind.

2. Auch einen ...

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