Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert auf Feststellung auf Wirksamkeit eines Widerrufs eines Darlehensvertrags
Normenkette
ZPO §§ 3, 9
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.09.2015; Aktenzeichen 2-10 O 176/15) |
Tenor
1. Der Beschluss des LG Frankfurt am Main - 10. Zivilkammervom 04.09.2015 wird abgeändert:
Der Streitwert wird auf 16.405,72 EUR festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Klage liegt der Widerruf eines Darlehensvertrages zu Grunde. Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 15.08.2007 einen Darlehensvertrag, der insgesamt über 85.000,00 EUR valutierte. Der Vertrag umfasste bis zum 31.12.2018 festgeschriebene Zinsen in Höhe von 4,47 % pro Jahr. Die Kläger widerriefen mit anwaltlichem Schreiben vom 23.02.2015 ihre Willenserklärungen und forderten die Beklagte vergeblich auf, den Widerruf schriftlich zu bestätigen.
Mit der am 30.04.2015 eingegangenen Klageschrift haben die Kläger die Feststellung begehrt, dass die geschlossenen Darlehensverträge aufgrund ihres Widerrufs vom 23.02.2015 nicht mehr wirksam sind. Sie haben Feststellung begehrt, dass sie nicht mit der Zahlung von Darlehensraten in Rückstand sind. Am 31.08.2015 haben die Kläger die Klage zurückgenommen.
Das LG hat den Streitwert auf 58.729,30 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass es bei der Feststellung des Streitwertes maßgeblich auf den Gesamtbetrag der offenen Darlehensvaluta ankomme. Mit der Beschwerde begehren die Beschwerdeführer eine Herabsetzung des Streitwertes auf die Höhe der konkreten Zinsersparnis durch den Widerruf des Darlehensvertrages. Aufgrund des Widerrufs müssten die Kläger anstatt 58.729,30 EUR lediglich 42.323,58 EUR Zinsen an die Beklagte zahlen. Die Differenz von 16.405,72 EUR entspreche dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger an der Feststellungsklage.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Streitgegenstand sei beim Widerruf eines Darlehens die vollständige Rückabwicklung der ausgezahlten Darlehenssumme.
II. Die Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1, S. 1 GKG statthaft. Sie ist gemäß § 68 Abs. 1, S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG innerhalb offener Frist eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat die Beschwerde Erfolg.
Der Streitwert ist gemäß §§ 3, 9 ZPO i.V.m. § 63 GKG auf EUR 16.405,72 festzusetzen.
Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist nach dem wahren Interesse des Klägers am Urteil zu schätzen. Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung ist die Rückabwicklung des Vertrages gem. §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB. Die Darlehensnehmer müssen daher die erhaltene Darlehensvaluta an die Beklagte zurückzahlen, ebenso wie dies auch ohne Widerruf der Fall wäre, so dass diese Beträge bei der Festsetzung des Streitwertes außer Ansatz bleiben. Das wahre Interesse des Darlehensnehmers liegt deshalb darin, dass er durch den Widerruf von seiner Verpflichtung befreit wird, künftig bis zum Ablauf der Zinsbindung die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.04.2015 - 6 U 222/13, zitiert nach juris; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15 -, juris).
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.04.2015 - XI ZR 121/14 - steht dem nicht entgegen, da die Kläger in jenem Fall die Feststellung begehrten, aus einem Darlehensvertrag in Höhe der Nettovaluta nicht mehr verpflichtet zu sein. Im vorliegenden Fall begehren die Kläger lediglich die Feststellung, mit den Darlehensraten nicht in Verzug zu sein. Dieser Anspruch ist wirtschaftlich geringwertig und nicht besonders zu bewerten, da er aus der Feststellung des Widerrufs des Vertrages folgt.
Da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 9 ZPO handelt, kann die Vorschrift im Rahmen der Schätzung des § 3 ZPO ergänzend herangezogen werden. Ungeachtet der Klageart erfasst § 9 ZPO allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen (BGH v. 17.5.2000 - XII ZR 314/99). Die Voraussetzungen des § 9 ZPO liegen vor, denn das Stammrecht wird auch bei der - der Sache nach vorliegenden - negativen Feststellungsklage voll geltend gemacht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 9 Rz. 1).
Danach ist bei der Wertfestsetzung gem. § 3 ZPO in der Regel der Betrag, der im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag bis zum Ablauf der Zinsbindung noch anfallenden Zinsen zu schätzen, begrenzt durch den 3 1/2 -fachen Jahresbetrag (§ 9 ZPO). Nachdem die restliche Laufzeit des Darlehensvertrages im Zeitpunkt des Widerrufs des Vertrages lediglich noch 3 Jahre und neun Monate betrug, erscheint die Festsetzung des Streitwertes auf die von den Klägern errechnete unstreitige Zinsersparnis bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages angemessen, § 3 ZPO.
Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 68 Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, nachdem sich die obergerichtliche Rechtspre...