Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des Ertragswertverfahrens bei Schätzung der Barabfindung gemäß § 305 Abs. 1 AktG

 

Normenkette

AktG § 305

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.01.2014; Aktenzeichen 3-5 O 169/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des gemeinsamen Vertreters wird verworfen.

Unter Zurückweisung der Beschwerde der Antragstellerin zu 27) sowie der Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 1) - 7), 13) - 16) und 29) wird auf die Beschwerde der Antragsgegnerin der Beschluss des LG Frankfurt am Main abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst.

Der angemessene Abfindungsbetrag gemäß § 305 AktG für den von der A AG mit der Antragsgegnerin am 22.6.2004 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wird auf 48,77 EUR je Aktie der A AG festgesetzt.

Der angemessene Ausgleich gemäß § 304 AktG wird auf netto 3,54 EUR (zzgl. Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag) festgesetzt.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters trägt die Antragsgegnerin. Ferner werden der Antragsgegnerin die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Antragsteller in erster Instanz auferlegt. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten, soweit es nicht die Beschwerdeverfahren vor dem 20. Zivilsenat betrifft, nicht statt.

Der Geschäftswert des Verfahrens vor dem LG und vor dem erkennenden Senat wird einheitlich auf 7.500.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragsteller waren Aktionäre der A AG, einer seit dem 25.10.1999 an der Börse gehandelten Aktiengesellschaft, deren Grundkapital in Höhe von 140.069.354 EUR im Jahr 2004 in 54.790.369 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt war, von denen die A AG 5.468.901 Stück als eigene Aktien hielt. Die Aktien wurden unter anderem an der Frankfurter Börse sowie im elektronischen Handelssystem Xetra gehandelt. Sie waren seit März 2000 Mitglied im Prime-Standard des MDAX und seit September 2001 im Dow Jones Euro STOXX 600 gelistet.

Bei der A AG handelte es sich um ein durch Abspaltung von der B AG im Jahr 1999 entstandenes, weltweit operierendes Unternehmen der Chemiebranche. Die operative Tätigkeit der A Gruppe erstreckte sich schwerpunktmäßig auf die Gebiete der Basis- und Performance - Chemikalien, Acetatprodukte, technische Kunststoffe und Lebensmittelzusatzstoffe. Hieran angelehnt war die Gesellschaft in vier operative Segmente, nämlich Chemische Produkte, Acetatprodukte, Technische Kunststoffe Ticona und Performance Produkte aufgeteilt, die sich ihrerseits in verschiedene Produktlinien untergliederten. Geschäftsjahr war das Kalenderjahr.

Am 2.2.2004 gab die Antragsgegnerin ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot an die Aktionäre der Gesellschaft zum Preis von 32,50 EUR je Aktie ab. Knapp drei Monate später am 28.4.2004 teilten die Gesellschaften sodann ihre Absicht erstmals mit, einen Unternehmensvertrag abschließen zu wollen. Nach einer weiteren Frist von etwa 2 Monaten schloss sodann am 22.6.2004 die A AG als abhängige Gesellschaft mit der Antragsgegnerin als herrschender Gesellschaft unter anderem unter dem Vorbehalt einer Zustimmung der Hauptversammlung der A AG einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab, in dessen Zusammenhang das Geschäftsjahr auf einen Zyklus vom 1.10. bis zum 30.9. des Folgejahres umgestellt und für die Zeit vom 1.1.2004 bis zum 30.9.2004 ein Rumpfgeschäftsjahr gebildet werden sollte. Der Vertrag sollte mit der Eintragung seines Bestehens in das Handelsregister des Sitzes der A AG wirksam werden, frühestens jedoch mit Beginn des Geschäftsjahres der A AG, welches auf das ab dem 1.1.2004 laufende Geschäftsjahr folgte, wobei die Verpflichtung zur Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme bereits für das ganze Geschäftsjahr gelten sollte, in dem der Vertrag wirksam wurde.

Zum Zweck der Durchführung des beabsichtigten Vertragsschlusses hatte die Antragsgegnerin gemeinsam mit der A AG bereits zuvor die C AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Ermittlung des Unternehmenswertes der A AG und damit verbunden der Höhe der jährlichen Ausgleichzahlungen nach § 304 AktG sowie der angemessenen Abfindung nach § 305 AktG beauftragt. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelte nach dem Ertragswertverfahren einen anteiligen Ertragswert von 41,92 EUR. Da sich der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs bezogen auf einen Zeitraum drei Monate vor der erstmaligen Bekanntgabe der Maßnahme auf 32,82 EUR belief und auch für andere Zeiträume wie etwa drei Monate vor der Veröffentlichung eines freiwilligen Übernahmeangebots oder drei Monate vor der beschlussfassenden Hauptversammlung die Börsenkurse unter dem anteiligen Ertragswert lagen, einigte man sich darauf, die Barabfindung auf den anteiligen Ertragswert von 41,92 EUR festzusetzen. Aus der Kapitalisierung des nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswertes zum Bewertungsstichtag in Höhe von 2.067,4 Mio. EUR ergab sich eine Ausgleichszahlung v...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?