Leitsatz (amtlich)

Inhaltliche Anforderungen an die Berufungsbegründung

 

Normenkette

ZPO § 520 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Urteil vom 31.05.2019; Aktenzeichen 9 O 346/18)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.09.2020; Aktenzeichen VI ZB 92/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 31.05.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Kassel - Az.: 9 O 346/18 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 28.450,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger hat die Beklagte als Hersteller des von ihm im August 2015 erworbenen Fahrzeuges VW Touran 2,0 TDI, in dem ein vom sogenannten VW-Dieselskandal betroffener Motor des Typs EA 189 verbaut ist, auf Schadensersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und sich in seinem 15-seitigen Urteil mit den in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen auseinandergesetzt und dabei im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen es die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Normen nicht als erfüllt ansieht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der Begründung der Entscheidung wird auf das landgerichtliche Urteil vom 21.05.2019 (Bl. 135 ff d. A.) Bezug genommen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 05.06.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13.06.2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 05.09.2019 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 05.09. 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründet.

Die Berufungsbegründung des Klägers beschränkt sich auf folgende Ausführungen:

"Das erstinstanzliche Urteil ist rechts- und Tatsachen fehlerhaft und wird in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt.

Das Urteil weicht von der Rechtsprechung anderer Kammern am Landgericht Kassel, welche Nicht-Rollen der Parteien in ihr Gegenteil verkehren und die hiesige Beklagte in gleich gelagerten Fällen verurteilen, ab.

Neuer Vortrag muss von hier aus nicht in der Berufungsinstanz gehalten werden, alles, was zu einer antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten vorzutragen war, wurde von hier aus vorgetragen, hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen."

II. Die Berufung des Klägers war gemäß §§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 3, 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen, da die Berufung nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Art und Weise begründet worden ist.

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, auf denen die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung beruhen soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO soll nämlich gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet und der Rahmen vorgegeben wird, innerhalb dessen die Beurteilung des Streitfalles durch den Erstrichter in zweiter Instanz überprüft werden soll. Ausgehend von diesem Zweck genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen dieser Vorschrift nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, allerdings muss die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten sein und die einzelnen Punkte tatsächlicher und/oder rechtlicher Art deutlich machen, auf die sich die Angriffe erstrecken sollen (st. Rspr., vgl. z.B. BGHZ 143, 169, 171; BGH, NJW 1995, 1559 f; VersR 2001, 1304; Beschluss vom 23.10.2012 - XI ZB 25/11 - Tz. 10 - zitiert nach juris). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das erstinstanzliche Gericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen. Zudem erfordert § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung des Klägers ersichtlich nicht gerecht. Die Begründung beschränkt sich auf die formelhafte Wendung, dass das Urteil "rechts- und Tatsachen fehlerhaft" sei; es weiche von der Rechtsprechung anderer Kammern des Landgerichts ab. Damit findet eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des landgerichtlichen Urteils schlicht nicht sta...

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