Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuch: freie Verfügungsbefugnis des Ehegatten nach § 1364 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 19 GBO erfolgt grundsätzlich eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Dabei hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu prüfen, ob der Bewilligende Verfügungsbeschränkungen unterliegt. Eine solche Beschränkung enthält die Vorschrift des § 1365 Abs. 1 BGB.

2. Da das Zustimmungserfordernis jedoch eine Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des Ehegatten nach § 1364 BGB darstellt, kann das Grundbuchamt grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsgeschäft über ein Grundstück auch bei in gesetzlichem Güterstand lebenden Eheleuten nicht eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen darstellt, dass also der Ausnahmefall des § 1365 Abs. 1 BGB nicht vorliegt. Das Grundbuchamt ist nur dann zu einer Beanstandung gemäß § 18 GBO berechtigt und verpflichtet, wenn es von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB Kenntnis hat oder wenn aus den Eintragungsunterlagen oder aufgrund bekannter bzw. nach der Lebenserfahrung naheliegender Umstände begründeter Anlass zu einer solchen Annahme besteht. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte sowohl für das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des § 1365 Abs. 1 BGB gegeben sind, darf das Grundbuchamt die Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens verlangen.

 

Normenkette

BGB §§ 1364-1365; GBO § 19

 

Verfahrensgang

AG Michelstadt (Beschluss vom 03.11.2016)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Eine Erstattung notwendiger Aufwendungen findet im Beschwerdeverfahren nicht statt.

 

Gründe

I. Im Grundbuch von Ort1 des AG Michelstadt, Blatt ..., ist der Antragsteller zu 1. unter anderem als Eigentümer der Gebäude- und Freifläche Straße1 in lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses als Eigentümer eingetragen. Diesen Grundbesitz hat der Antragsteller zu 1. durch notarielle Urkunde des notariellen Verfahrensbevollmächtigten vom 16.06.2016, UR-Nr. .../2016, an den Antragsteller zu 2. verkauft. Die Antragsteller haben in diesem Vertrag die Auflassung erklärt. Aufgrund Bewilligung in jenem Vertrag ist am 28.06.2016 in Abt. II lfd. Nr. 5 eine Eigentumsübertragungsvormerkung zugunsten des Antragstellers zu 2. im Grundbuch eingetragen worden. Wegen der Einzelheiten der genannten notariellen Urkunde wird auf den Grundakteninhalt verwiesen.

Bereits zuvor, nämlich mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 18.05.2016, hatte die Antragsgegnerin, die Ehefrau des Antragstellers zu 1., dem Grundbuchamt mitgeteilt, dass das Anwesen praktisch das gesamte Vermögen des Antragstellers zu 1. darstelle und eine Veräußerung nur mit ihrer Einwilligung möglich sei, § 1365 BGB; sie widerspreche vorsorglich jeder Verfügung über dieses Grundstück.

Nach Mitteilung hiervon hat der notarielle Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller seine notarielle Urkunde vom 14.07.2016, UR-Nr. .../2016, zu den Grundakten gereicht. Ausweislich dieser Urkunde haben die Antragsteller ergänzend zur oben genannten notariellen Urkunde Erklärungen abgegeben. Der Antragsteller zu 1. hat erklärt, im gesetzlichen Güterstand verheiratet zu sein und versichert, dass er mit dem Kaufgegenstand nicht über sein wesentliches Vermögen verfüge. Er hat weiterhin erklärt und dies dort im Einzelnen ausgeführt, dass er über weiteres Vermögen in Höhe von 27.125,20 EUR verfüge bzw. verfügt habe. Der Antragsteller zu 2. hat erklärt, keine Kenntnisse von den Vermögensverhältnissen des Antragstellers zu haben. Auch auf diese Urkunde wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Am 26.08./29.08.2016 hat der notarielle Verfahrensbevollmächtigte die erstgenannte Urkunde vom 16.06.2016 nochmals zu den Grundakten gereicht mit dem Antrag auf Wahrung der noch nicht vollzogenen Anträge. Die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt hat durch Verfügung vom 22.09.2016 unter anderem darauf hingewiesen, dass die Vorlage der Zustimmungserklärung der Ehefrau des Verkäufers - der Antragsgegnerin - nach § 1365 BGB in der Form des § 29 GBO notwendig sei. Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte dem ausweislich seines Schriftsatzes vom 18.10.2016 entgegen getreten war, hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt durch den angefochtenen Beschluss, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgeführt, dass dem Antrag des Antragstellers zu 1. vom 26.08.2016 auf Eintragung der Eigentumsumschreibung derzeit nicht entsprochen werden könne. Dem Vollzug stehe folgendes Hindernis entgegen: "Es ist die Vorlage der Zustimmungserklärung der Ehefrau des Verkäufers nach § 1365 BGB in der Form des § 26 GBO notwendig. Dem Antragsteller wird aufgegeben: - Die erforderliche Erklärung nachzureichen."

Gegen diesen Beschluss hat der notarielle Verfahrensbevollmächtigte durch Schriftsatz vom 09.11.2016, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, Beschwerde eingereicht. Zur Begründung hat er im Wesentlichen darauf abgestellt, dass insbesondere angesichts der Angaben in der Ergänzungserklärung vom 14.07.2016 nicht da...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge