Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an einem Vermerk nach § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Ein Vermerk ist im Sinne des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO dann formell ordnungsgemäß, wenn er die Tatsache des Fehlens der Unterschrift und deren Grund angibt, ohne dass dabei detaillierte Angaben erforderlich sind. Die bloße Angabe "signature could not be obtained" ist insoweit nicht hinreichend, da daraus nur hervorgeht, dass eine Unterschrift nicht erlangt werden konnte, nicht aber, warum diese Unterschrift nicht erlangt werden konnte.
Normenkette
ZPO § 1054 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
Der Antrag, den in dem ICC-Schiedsverfahren (Az.: ...) zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Schiedsrichter Vorname1 A als Vorsitzenden und den Schiedsrichtern D und C, am 10. August 2022 erlassenen "Schiedsspruch", mit dem die Schiedsklage abgewiesen und die Antragstellerin zur Zahlung von Verfahrenskosten in Höhe von EUR 1.025.025,30 und weiteren Kosten in Höhe von EUR 14.000.000,00 verurteilt worden ist, aufzuheben, wird zurückgewiesen.
Auf den Hilfsantrag der Antragstellerin wird festgestellt, dass der in dem ICC-Schiedsverfahren (Az.: ...) zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Schiedsrichter Vorname1 A als Vorsitzenden und den Schiedsrichtern D und C, am 10. August 2022 erlassene "Schiedsspruch", mit dem die Schiedsklage abgewiesen und die Antragstellerin zur Zahlung von Verfahrenskosten in Höhe von EUR 1.025.025,30 und weiteren Kosten in Höhe von EUR 14.000.000,00 verurteilt worden ist, unwirksam ist.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert wird auf EUR 30.000.000,00 festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Aufhebung eines "Schiedsspruchs".
Die Antragsgegnerin kündigte im Mai 2016 die beabsichtigte Übernahme der X Company ("X") an. Daraufhin begannen weltweit die Kartellbehörden mit der Prüfung, ob diese Übernahme zu einer beherrschenden Stellung der Antragsgegnerin in bestimmten sachlichen und geographischen Märkten führen würde. Diese Prüfungen zogen sich letztlich etwa zwei Jahre hin.
Bereits zu Beginn dieser Prüfungen ging die Antragsgegnerin davon aus, dass sie verschiedene geschäftliche Aktivitäten ausgliedern und verkaufen werde müssen, um die zu erwartenden Auflagen der Kartellbehörden zu erfüllen. Die Antragsgegnerin bereitete daraufhin eine Veräußerung der betroffenen Aktivitäten vor. Hierfür fasste sie bestimmte der betroffenen Aktivitäten in Pakete von Vermögensgegenständen und Mitarbeitern ("asset packages") zusammen und erstellte für jedes dieser Pakete ein eigenes Financial Fact Book ("FFB").
Diese Financial Fact Books waren ein Teil der Informationen in einem Bieterverfahren, in dem unterschiedliche Interessenten für einzelne oder mehrere dieser Pakete boten. Während des Bieterverfahrens ergab sich aufgrund der parallel laufenden Diskussionen mit den Kartellbehörden die Notwendigkeit der Ausgliederung und des Verkaufs weiterer geschäftlicher Aktivitäten, die ebenfalls in Pakete aufgeteilt und für die dann ebenfalls jeweils ein Financial Fact Book erstellt wurde.
Mit drei separaten Asset Purchase Agreements (APA) jeweils vom 13. Oktober 2017, die dem Recht des US-Bundesstaates New York unterlagen, erwarb die Antragstellerin die (zu diesem Zeitpunkt: sieben) zu veräußernden Geschäftsbereiche. In dem insoweit wortidentischen Abschnitt 3.7 der Asset Purchase Agreements übernahm die Antragsgegnerin eine Gewährleistung in Bezug auf die Financial Fact Books.
In deutscher Übersetzung lautet Abschnitt 3.7 jeweils wie folgt:
"Abschnitt 3.7 Finanzinformationen. Die in den Financial Fact Books dargelegten Finanzinformationen ('Finanzinformationen'):
(a) wurden in Übereinstimmung mit der auf den Seiten der Financial Fact Books dargelegten Erstellungsgrundlage ('Erstellungsgrundlage') erstellt;
(b) wurden aus den in der Erstellungsgrundlage beschriebenen Finanz- und Managementberichtssystemen abgeleitet;
(c) geben die Kostenzuweisungen in Übereinstimmung mit der Erstellungsgrundlage wieder; und
(d) stellen in allen wesentlichen Belangen die Ertragslage der in den Finanzinformationen dargestellten Geschäftsaktivitäten zu den jeweiligen Stichtagen oder für die dann endenden Zeiträume fair dar, jedoch nach Maßgabe
(i) der Erstellungsgrundlage und
(ii) der Tatsache, dass die Finanzinformationen (und die von der Verkäuferin bei der Erstellung dieser Finanzinformationen vorgenommenen Zuweisungen und Schätzungen)
(1) nicht notwendigerweise Rückschlüsse über die Kosten erlauben, die sich ergeben hätten, wenn die Geschäftsaktivitäten zu diesen Zeitpunkten oder für diese Zeiträume auf eigenständiger Basis betrieben worden wären, und
(2) möglicherweise kein Richtwert für die Kosten sind, die der Käuferin und ihren Tochtergesellschaften nach dem Vollzug der Transaktion entstehen werden.
Ungeachtet jedweder weiteren Zusicherungen und Gewährleistungen in diesem Artikel III stellen die Zusi...