Leitsatz (amtlich)
Kapitalanlegermusterverfahren: Zur Frage, ob sich aus dem Verkaufsprospekts des Schiffsfonds "Nordcapital Bulkerflotte I" Prospekthaftungsansprüche ergeben
Normenkette
KapMuG § 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 09.05.2018; Aktenzeichen 2-12 OH 1/18) |
Nachgehend
Tenor
Die Feststellungsanträge werden zurückgewiesen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden sind.
Der Erweiterungsantrag der Musterklägerin aus dem Schriftsatz vom 19. Juni 2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
I) Die Parteien streiten im Rahmen eines Musterverfahrens nach dem Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) über die Fragen, ob der Verkaufsprospekt des Schiffsfonds "Nordcapital Bulkerflotte I" zutreffend ist bzw. sich aus etwaigen Unrichtigkeiten bzw. Unvollständigkeiten Ansprüche aus Prospekthaftung ergeben.
Anlageobjekt bzw. Beteiligungsgesellschaft war die Nordcapital Bulkerflotte 1 GmbH & Co. KG, die am 4. April 2008 gegründet worden war; Komplementärin ist die Verwaltung Nordcapital Bulkerflotte I GmbH, Kommanditisten sind die Musterbeklagten zu 3) und 4) und die Nordcapital Shipping GmbH & Cie. KG, wobei das Kommanditkapital insgesamt 225.750.000,00 US-Dollar betragen sollte, von denen bei der Gründung 75.000,00 US-Dollar eingezahlt worden waren. Die Nordcapital Bulkerflotte 1 GmbH & Co. KG wiederum sollte sich nach der Planung an 12 Kommanditgesellschaften als maßgebliche Gesellschafterin (jeweils 91,7% des Kommanditkapitals) beteiligen, die wiederum jeweils ein Schiff erwerben sollten. Die jeweiligen Anleger sollten über eine Treuhandgesellschaft, die Musterbeklagte zu 4), an der Beteiligungsgesellschaft partizipieren. Geplant war, dass bis zum 31. Dezember 2008 ein Kapital von insgesamt 225,6 Mio. US-Dollar eingeworben werden sollte, wobei ein Betrag von 114 Mio. US-Dollar als Mindestzeichnungssumme erreicht werden sollte. Die Laufzeit des Fonds sollte bis zum 31. Dezember 2026 dauern.
Der Vertrieb der Anteile erfolgte exklusiv durch die Musterbeklagten zu 1) und 2), wobei die Betreuung der Investoren durch die 22. Paxas Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Paxas) erfolgen sollte. Gesellschafter der Paxas waren bzw. sind die Deutsche Immobilien Leasing GmbH und die BLI Beteiligungsgesellschaft für Leasinginvestitionen mbH, die wiederum zur Gruppe der Musterbeklagten zu 1) und 2) gehören. Die Aufgaben der Paxas werden im Prospekt auf S. 61 wie folgt beschrieben:
Betreuung der Investoren
Der Treuhänder hat die Betreuung der Investoren auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages auf die ZWEIUNDZWANZIGSTE PAXAS Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH (im folgenden Paxas) übertragen.
Die Paxas ist Ansprechpartner für die Investoren in allen mit der Beteiligung zusammenhängenden Fragen. Ferner obliegt ihr die Weiterleitung der laufenden Informationen, u.a. hinsichtlich der steuerlichen und wirtschaftlichen Ergebnisse des Fonds, die ihr vom Treuhänder zur Verfügung gestellt werden.
Die Vergütung der Paxas wird dabei auf S. 70 dargestellt, wobei diese in den Vergütungen der Musterbeklagten zu 4) enthalten gewesen sein sollte; diese Vergütung wurde betragsmäßig angegeben.
Die Investitionsrechnung des Fonds wird im Prospekt auf S. 44 dargestellt, worauf Bezug genommen wird.
Gegenstand der Investitionen der einzelnen Schiffsgesellschaften war jeweils ein Schiff des Typs Massengutfrachter (sog. Bulkcarrier, Bulker oder Schüttgutfrachter), mit dem - anders als bei Container-Schiffen - lose Massengüter, wie z.B. Kohle und Erz, transportiert werden können. Dabei sollten die Schiffe zu der Klasse der sog. Supramaxbulker gehören, die eine maximale Tragfähigkeit von 55.783tdw (= tons deadweight, entspricht jeweils 1 metrischen Tonne) sowie ein eigenes Ladegeschirr haben. Massengutfrachter werden dabei - ausgehend von der Tragfähigkeit - in folgende Kategorien aufgeteilt:
Handysize 10.000 bis 39.999 tdw
Handymax bis ca. 45.000 tdw
Supramax 40.000 bis 59.999 tdw
Ultramax bis 64.999 tdw
Panamax 60.000 bis 99.999 tdw
Capesize über 100.000 tdw.
Die Schiffe sollten bei der Hyundai Mipo Dockyard, Korea, gefertigt und planmäßig zwischen Juli 2009 und Oktober 2011 ausgeliefert werden. Vier Schiffe waren an Hanjin Shipping und acht Schiffe an Korea Line für jeweils fünf Jahre ab Ablieferung verchartert. Am Ende der Laufzeit des Fonds sollten die Schiffe mit einem Veräußerungserlös von 35% der jeweiligen Anschaffungskosten, die pro Schiff ca. 50 Mio. US-Dollar betragen sollten, veräußert werden. Im Prospekt heißt es dazu (S. 36):
Gutachterliche Stellungnahme
Der von der Handelskammer Stadt1 öffentlich bestellte und vereidigte Schiffsschätzer A, Stadt1, wurde von den Schiffsgesellschaften beauftragt, Bewertungsgutachten für die Schiffe zu erstellen. Er kommt in seinen Gutachten vom 5. Mai 2008 zu dem Ergebnis, dass der Baupreis der Schiffe marktkonform ist und in Bezug auf den Ertragswert der geschlossenen Charter sowie die derzeitigen sehr hohen Second...