Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgangsrecht als absolutes Recht i.S.d. § 823 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Das Umgangsrecht ist ein absolutes Recht i.S.d. § 823 BGB. Eine Verweigerung des Umgangs kann schadensersatzpflichtig sein.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 1684; ZPO § 522

 

Verfahrensgang

AG Gelnhausen (Urteil vom 10.02.2005; Aktenzeichen 65 F 1271/04)

 

Tenor

Der Berufungskläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Berufungskläger erhält die Möglichkeit zur Stellungnahme auf den Hinweis binnen drei Wochen.

Der Berufungsbeklagten wird Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz bewilligt, soweit sie sich gegen die Berufung verteidigt. Insoweit wird ihr zur Wahrnehmung ihrer Rechte Frau Rechtsanwältin X. beigeordnet.

Soweit die Beklagte im Wege der Anschlussberufung die Aufhebung des Urteils des AG Gelnhausen vom 10.2.2005 und Klageabweisung begehrt, wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Berufung und die Anschlussberufung bieten keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert auch keine Entscheidung.

Der Kläger kann von der Beklagten nach § 823 BGB Schadensersatz verlangen.

Das Umgangsrecht eines Elternteils ist ein absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB (OLG Karlsruhe v. 21.12.2001 - 5 UF 78/01, FamRZ 2002, 1056 f.). Dieses Recht hat die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft verletzt, da sie dem Kläger ohne rechtfertigenden Grund am Abreisetag die Kinder nicht heraus gegeben hat.

Dass der Kläger berechtigt war, mit den beiden Töchtern F. und B. XYZ. den gebuchten Dänemarkurlaub zu verleben, hatte das AG mit Beschl. v. 5.7.2004, der im Beschwerdeverfahren durch das OLG Frankfurt bestätigt wurde, festgestellt. Einen rechtfertigenden Grund für die dennoch verweigerte Herausgabe der beiden Kinder am Abreisetag hat die Beklagte nicht vorgetragen. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Kinder hätten nicht gewollt, hat das FamG zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte verpflichtet war, auf die Kinder derart einzuwirken, dass diese den Umgang mit dem Kläger auch in dem geplanten Urlaub ausüben.

Das FamG hat den Schaden des Klägers jedoch zu Recht nur mit 50 % des Reisepreises bewertet (§ 287 ZPO).

Es ist nicht zu beanstanden, dass das FamG eine Minderung des Schadens aufgrund der nicht abgeschlossenen Reisekostenrücktrittsversicherung verneint hat. Da weder die Kinder noch der Kläger noch seine Ehefrau durch eine Erkrankung an der Reise gehindert waren, hätten die Stornierungskosten auch durch eine derartige Versicherung nicht aufgefangen werden können. Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, er sei aufgrund der Weigerung der Beklagten, die Kinder für den Urlaub herauszugeben, psychisch nicht mehr in der Lage gewesen, den Urlaub anzutreten, ist der Vortrag nicht nur unsubstantiiert sondern auch eher nachteilig für den Kläger, da bei einem krankheitsbedingten Ausfall der Reise sich zu seinen Lasten auswirken würde, dass er eine Reisekostenrücktrittsversicherung nicht abgeschlossen hatte.

Obwohl der Kläger den gesamten Reisepreis zahlen musste und die Reise nicht angetreten hat, hat die Beklagte jedoch nur 50 % des Schadens zurechenbar verursacht.

Dass die Reise vollständig ausfiel, beruhte nicht nur auf der Weigerung der Beklagten sondern auch auf dem Willensentschluss des Klägers, ohne seine beiden Töchter mit seiner Ehefrau allein nicht in Urlaub zu fahren. Es handelt sich insoweit um eine psychisch vermittelte Kausalität. Eine Ersatzpflicht kommt zwar grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn der Schaden durch eine Handlung verursacht wurde, die auf einem Willensentschluss des Verletzten beruhte aber nur dann, wenn die Handlung des Verletzten durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert worden ist und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dieses darstellt. Voraussetzung ist insoweit auch, dass der Schaden nach Art und Entstehung nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegt und unter den Schutzzweck der Norm fällt (Heinrichs in Palandt, Kommentar zum BGB, Vorb. v. § 249 BGB). Dass die Urlaubskosten von zwei Erwachsenen und zwei Kindern in der Regel erheblich höher liegen als von zwei Erwachsenen, ist ohne weiteres nachvollziehbar. Dass der Kläger somit entsprechende Mehraufwendungen hatte, die er aufgrund der Umgangsverweigerung nutzlos aufwandte ist daher auch zutreffend. Dass der Kläger jedoch aufgrund der Umgangsverweigerung den Urlaub vollständig ausfallen ließ und somit den vollen Urlaubspreis nutzlos aufwandte, ist vom Schutzzweck, dem Sinn und Zweck des Umgangsrechts, nicht mehr umfasst.

Da der Kläger bis zum geplanten Abreisetag von einer Durchführung der Urlaubsreise mit den Kindern ausgehen konnte, hatte er vorher keinen Anlass, die Reise zu stornieren. Ein Rücktritt am Anreisetag hatte wie ein Nichtantritt der Reise nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reisevertragspartners des ...

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