Leitsatz (amtlich)
Nicht anerkannter ausländischer Scheidungstitel rechtfertigt nicht Versagung der Verfahrenskostenhilfe für Scheidungsverfahren
Normenkette
FamFG §§ 107, 113
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert. Dem Antragsteller wird für das Scheidungsverfahren in der ersten Instanz ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin A, Stadt1, bewilligt.
Gerichtsgebühren werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung seines Verfahrenskostenhilfegesuchs für ein beabsichtigtes Scheidungsverfahren.
Die Beteiligten haben am XX.XX.1999 in Stadt2, Russische Föderation geheiratet. Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehörigkeit, die Antragsgegnerin besitzt die deutsche und die russische Staatsangehörigkeit. Seit August 2009 leben die Beteiligen getrennt. Beide haben seit 2007 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Ehe der Beteiligten wurde auf Antrag der Antragsgegnerin durch Urteil des Friedensrichters des Gerichtsbezirks der Stadt2 am XX.XX.2013 geschieden. Aus dem Urteil ergibt sich, dass weder der Antragsteller, noch die Antragsgegnerin im Scheidungstermin anwesend waren.
Der Antragsteller behauptet, keine Kenntnis von dem Verfahren vor dem Gericht in Stadt2 gehabt zu haben, weder den Scheidungsantrag noch das Scheidungsurteil habe er erhalten.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers mit der Begründung zurückgewiesen, die Ehe der Beteiligten sei bereits geschieden, der Antragsteller könne ein Verfahren zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen vor der Landesjustizverwaltung durchführen.
II. Die nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs. 2, §§ 567 ff. ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Verfahrenskostenhilfe kann nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht des Scheidungsantrags versagt werden. Dass bereits ein russisches Scheidungsurteil existiert, steht der Erfolgsaussicht nicht entgegen, da bislang die Wirksamkeit der russischen Entscheidung noch nicht durch die Landesjustizverwaltung festgestellt wurde.
Grundsätzlich obliegt die Entscheidung, ob ein ausländischer Scheidungstitel im Inland anzuerkennen ist, dem Feststellungsmonopol der Landesjustizverwaltung im Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG. Eheauflösungen aller Art außerhalb der Brüssel IIa-VO werden im Inland erst durch die Anerkennung gemäß § 107 FamFG wirksam, es sei denn, die ausländische Entscheidung ist als sogenannte Heimatstaatsentscheidung gemäß § 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG beachtlich, weil ein ausländisches Gericht oder eine ausländische Behörde entschieden hat, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben (vgl. Staudinger/Spellenberg (2016) § 107 FamFG Rn. 24). Damit steht die bloße Existenz eines ausländischen Scheidungsurteils der Durchführung eines inländischen Scheidungsverfahrens grundsätzlich nicht entgegen, solange keine Heimatstaatsentscheidung gegeben ist (vgl. auch OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1021 - Beschluss vom 30.09.1999 - 16 WF 107/99 -, juris Rn. 5).
Ein Fall der Heimatstaatsentscheidung ist vorliegend nicht gegeben. Dass beide Beteiligte zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts in Stadt2 die russische Staatsangehörigkeit hatten, ist nicht ersichtlich. Selbst wenn allerdings nicht nur die Antragsgegnerin, sondern auch der Antragsteller sowohl die deutsche als auch die russische Staatsangehörigkeit besäße bzw. im Zeitpunkt der russischen Entscheidung besessen hätte, läge kein Fall des § 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG vor. Bei Personen, die die deutsche und eine ausländische Staatsangehörigkeit haben, geht die innerstaatliche Staatsangehörigkeit - wie sich aus dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ergibt - vor.
Der vor dem Gericht in Stadt2 errichtete Scheidungstitel steht damit dem Scheidungsbegehren des Antragstellers mangels Anerkenntnis der ausländischen Entscheidung durch die Landesjustizverwaltung nicht entgegen. Solange allerdings die Vorfrage der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der ausländischen Entscheidung nicht geklärt ist, kann dies für das inländische Scheidungsverfahren bedeuten, dass dieses auszusetzen ist, wenn einer der Beteiligten den Antrag auf Anerkennung bzw. Nichtanerkennung (§ 107 Abs. 8 FamFG) zwischenzeitlich stellt. Sofern kein Antrag gestellt wird, wäre zu prüfen, ob ggfs. dem Beteiligten, der sich auf die Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Entscheidung beruft, eine Frist zur Stellung eines entsprechenden Antrags bei der Landesjustizverwaltung zu setzen ist (vgl. BGH FamRZ 1982, 1203 - Urteil vom 06. Oktober 1982 - IVb ZR 729/80 -, juris Rn. 20; OLG Karlsruhe aaO. Rn. 7).
Das Vorhandensein eines im Inland noch nicht anerkannten ausländischen Scheidungsausspruchs kann allerdings im Rahmen der Prüfung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter dem Gesichtspun...