Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage unrichtiger Sachbehandlung bei später Terminsvergabe durch Notar und zur Zulässigkeit der Aufrechnung von Schadensersatzansprüchen gegen Kostenforderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Beurteilung, ob eine aus Sicht eines Urkundsbeteiligten zu späte Vergabe eines Beurkundungstermins durch den Notar objektiv eine unrichtige Sachbehandlung darstellt, ist auf die tragenden Elemente der bürgerlich-rechtlichen Verzugsregeln abzustellen.

2. Im Verfahren nach den §§ 127 ff. GNotKG ist eine Aufrechnung von materiell-rechtlichen Schadensersatzansprüchen des Kostenschuldners gegen die Kostenforderung des Notars mit Ausnahme unstreitiger und rechtskräftig festgestellter Schadensersatzansprüche ausgeschlossen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 23.05.2022 - V ZB 9/21; Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, zuletzt mit Beschluss vom 18.12.2018 - 20 W 46/17).

 

Normenkette

BGB §§ 286, 387; BNotO § 19; GNotKG § 21 Abs. 1 S. 1, § 127

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Beschluss vom 08.11.2021; Aktenzeichen 8 OH 40/20)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten zu tragen und dem Antragsgegner im Verfahren der Beschwerde etwa entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 751,04 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die eingangs bezeichnete Kostenberechnung des Antragsgegners zu dem Gegenstand "Entwurf eines Kaufvertrags und einer Grundschuldbestellung" über einen Endbetrag von 751,04 EUR, welche der Antragsgegner während des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens in Ersetzung seiner ursprünglich angefochtenen Kostenberechnung Nr. ... vom 28.10.2020 über den gleichen Endbetrag erstellt hat.

Der Antragsteller plante, ein Mehrfamilienhaus zu erwerben. Im April 2020 wandte er sich erstmals an den Antragsgegner und teilte diesem mit, dass er sich in Bezug auf eine solche Immobilie mit dem Verkäufer mündlich geeinigt habe. Er beauftragte den Antragsgegner mit der Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs. Der Erwerb der Immobilie kam nicht zustande, weil der Verkäufer von einem Verkauf an den Antragsteller Abstand nahm. Den Endbetrag von 950,00 EUR einer von dem Antragsgegner für seine in diesem Zusammenhang entfalteten Tätigkeiten erstellten Notarkostenberechnung glich der Antragsteller vollständig aus.

Ob in diesem Zusammenhang Absprachen zwischen Antragsgegner und Antragsteller im Hinblick auf die Kosten einer etwaigen späteren Beurkundung in Bezug auf ein anderes Objekt getroffen wurden, falls der Antragsteller ein solches finde, ist zwischen den Beteiligten im Streit.

Jedenfalls wandte sich der Antragsteller Ende August 2020 erneut an den Antragsgegner. Er informierte diesen, dass er nunmehr eine Immobilie gefunden habe, und ersuchte um Entwurf eines Kaufvertrags und um dessen Beurkundung.

Der Antragsgegner übersandte dem Antragsteller und der Verkäuferin unter dem 07.09.2020 einen Vertragsentwurf. Er bot einen Beurkundungstermin für den 14.09.2020 an, den der Antragsteller zunächst bestätigte, jedoch in der Folge wieder absagte, weil seine Bank eine Finanzierungszusage noch nicht erteilt hatte.

Ein von dem Antragsgegner ersatzweise angebotener Termin erschien dem Antragsteller zu spät. Er beauftrage einen anderen Notar mit der Beurkundung, der diese auch durchführte.

In der Folge stellte der Antragsgegner dem Antragsteller unter dem 28.10.2020 zwei Kostenberechnungen.

Eine - vorliegend nicht verfahrensgegenständliche - Kostenberechnung zum Gegenstand "Entwurf Grundschuldbestellung" (Bl. 10 f. d. A.) betrifft die vorzeitige Beendigung eines Verfahrens der Beurkundung einer Grundschuld.

Die zweite erstinstanzlich ursprünglich verfahrensgegenständliche Kostenberechnung zum Gegenstand "Entwurf Kaufvertrag und Grundschuldbestellung" (Bl. 14 d. A.) weist einen Endbetrag von 751,04 EUR aus.

Dieser setzt sich zusammen aus einem Teilbetrag von 723,20 EUR für den Entwurf eines Kaufvertrags und weiteren 27,84 EUR für den Entwurf einer (weiteren) Grundschuldbestellung mit einem Wert von 100.000,00 EUR.

Zum Ansatz brachte der Antragsgegner für den Entwurf des Kaufvertrags eine 2,0-fache Gebühr nach Nr. 24100 KV GNotKG (Fertigung eines Entwurfs) in Höhe von 600,00 EUR aus einem Geschäftswert von 124.000,00 EUR. Weiterhin stellte er Dokumentenpauschalen (Nr. 32001 und 32002 KV GNotKG), eine Telekommunikationspauschale (Nr. 32005 KV GNotKG) sowie Umsatzsteuer in Höhe von 16 % (Nr. 32014 KV GNotKG) in die Berechnung ein. Es ergibt sich in der Summe der genannte Teilbetrag von 723,20 EUR.

Der weitere Teilbetrag von 27,84 EUR setzt sich zusammen aus Gebühren und Auslagen für den Entwurf der Grundschuldbestellung sowie Umsatzsteuer daraus.

Wegen der weiteren Einzelheiten der genannten Kostenberechnung wird auf diese verwiesen.

Mit Fax-Schreiben vom 03.11.2020 an das Landgericht Hanau (Bl. 1 d. A.), auf das wegen seiner Einzelheiten verwiesen wird, hat der Antragsteller ...

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