Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung für Unterlassungsanspruch nach UWG wegen nicht zugelassener gesundheitsbezogener Angabe
Normenkette
GKG § 51
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 15.06.2021; Aktenzeichen 16 O 28/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 15.6.2021 wird abgeändert. Der Streitwert wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Kläger - ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen Werbung mit einer nicht zugelassenen gesundheitsbezogenen Angabe ("bekömmlicher" Gin) sowie wegen Werbung mit Testergebnissen ohne Fundstellenangabe geltend gemacht.
Das Landgericht hat den Streitwert zunächst auf 3.000 EUR festgesetzt. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Landgericht dieser teilweise abgeholfen und den Wert auf 6.000 EUR festgesetzt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, eine weitere Erhöhung des Streitwertes komme nicht in Betracht. Aus der Bezeichnung "bekömmlich" gehe für den Verbraucher nicht hervor, dass es sich um ein gesundes Produkt handele, was im Übermaß konsumiert werden solle. Es sei dem Verkehr bekannt, dass ein alkoholisches Getränk mit einem Alkoholgehalt von 43 % nicht gesund sei. Der Unwertgehalt der Angabe sei nicht mit einem erhöhten Gegenstandswert zu bewerten.
II. Die zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat in der Sache Erfolg. Die Streitwertfestsetzung des Landgerichts wird den gesetzlichen Vorgaben der § 51 Abs. 2 und 3 GKG nicht gerecht.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fehlt es nicht an der nötigen Beschwer (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG). Die Prozessbevollmächtigten des Klägers, die die Beschwerde ausdrücklich in eigenem Namen eingelegt haben, sind durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung beschwert und haben daher nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG ein eigenes Beschwerderecht.
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Interesse des Klägers an der Durchsetzung der mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsbegehren erscheint mit dem von den Beschwerdeführern begehrten Streitwert von 20.000 EUR nicht übersetzt. Die Streitwertfestsetzung des Landgerichts auf einen Wert von 6.000 EUR ist mit § 51 Abs. 2, Abs. 3 GKG nicht vereinbar.
Die Festsetzung des Streitwertes in Verfahren des unlauteren Wettbewerbs folgt der Systematik des § 51 Abs. 2, Abs. 3 GKG.
a) Ausgangspunkt für die Bemessung des Streitwerts ist ("soweit nichts anderes bestimmt ist") gem. § 51 Abs. 2 GKG die Bedeutung der Sache für den Kläger, wie sie sich aus seinem Antrag ergibt. Wie stets, ist damit grundsätzlich das sog. "Angreiferinteresse" maßgeblich. "Bedeutung der Sache" ist dabei das wirtschaftliche Interesse des Klägers, das nach objektiven Maßstäben zu bewerten ist (vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 17/13057, S. 30). Ein wichtiges Indiz kann dabei die Streitwertangabe in der Klageschrift sein, also die Angabe durch den Kläger zu einem Zeitpunkt, an dem der Ausgang des Verfahrens noch ungewiss ist (OLG Frankfurt am Main WRP 2017, 719 Rn. 2). Es ist die Gefährlichkeit und Schädlichkeit der Handlung entscheidend, die verboten werden soll. Bei der pauschalierenden Schätzung sind u.a. folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Unternehmensverhältnisse wie Art, Größe, Umsatz und Marktbedeutung des Verletzten und des Verletzers, Art, Intensität, Zielrichtung und Dauer der Verletzungshandlung, insbesondere die Gefährlichkeit für den Wettbewerber oder Verbraucher unter Berücksichtigung der drohenden Schäden, Grad des Verschuldens unter Bewertung auch des nachträglichen Verhaltens. Das Interesse eines Verbandes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist im Regelfall ebenso zu bewerten wie das eines gewichtigen Mitbewerbers (BGH GRUR 1998, 958 - Verbandsinteresse; OLG Frankfurt am Main WRP 2021, 1338).
b) Diesen Anforderungen ist die Streitwertfestsetzung des Landgerichts auf 6.000 EUR nicht gerecht geworden.
Die Begründung des Landgerichts enthält zunächst keine Ausführungen zum Wert des zweiten Unterlassungsantrages und lässt daher nicht erkennen, wieso insoweit von den Angaben des Klägers abgewichen worden ist. Im Hinblick auf den ersten Antrag, aber auch im Hinblick auf den zweiten Antrag, erweist sich die Angabe des Klägers in der Klageschrift mit 10.000 EUR für jeden Unterlassungsantrag als nicht offensichtlich übersetzt.
Der Kläger hat auf den Hinweis des Landgerichts ausführlich zu seiner Streitwertangabe vorgetragen. Er hat darauf hingewiesen, dass es sich um bundesweit abrufbare Werbeangaben gehandelt hat und zu dem darauf aufmerksam gemacht, dass dem von Bundesgerichtshof geführten vergleichbaren Verfahren "bekömmliches Bier" ein Wert von 30.000 EUR zu Grunde gelegt worden war.
Diese Angaben rechtfertigen ohne Weiteres die vom Kläger mit der Beschwerde begehrte Festsetzung auf 10.000 EUR pro Unterlassungsanspruch. Das Landgericht übersi...