Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit eines Ehevertrags. Steht dem Wertausgleich eines Anrechts bei der Scheidung im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG dessen Unwirtschaftlichkeit entgegen, kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte auch im zweiten Rechtszug einen (hilfsweisen) Folgeantrag auf schuldrechtliche Abfindung des Anrechts nach §§ 23, 24 VersAusglG stellen. Pauschale Zurechnungszeiten in den Satzungen der berufsständischen Versorgungswerke unterliegen der zeitratierlichen Bewertung, wobei als höchstens erreichbare Zeitdauer i.S.d. § 41 Abs. 2 VersAusglG die Zeit vom Eintritt in das Versorgungswerk bis zum Erreichen der Altersgrenze zu berücksichtigen ist. Die pauschale Zurechnungszeit erhöht die erreichbare Gesamtdienstzeit nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 1408, 1410, 1414; FamFG § 69; VersAusglG § 19 Abs. 2 Nr. 3, §§ 23-24

 

Verfahrensgang

AG Bad Homburg (Aktenzeichen 95 F 646/14)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 05.10.2022; Aktenzeichen XII ZB 74/20)

 

Tenor

Die Rücknahme der gegen den Scheidungsausspruch im angefochtenen Beschluss gerichteten Beschwerde hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.

Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffer II des Beschlusstenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer) zu Gunsten zu Gunsten des dort bestehenden Anrechts des Antragstellers (Versicherungsnummer) ein Anrecht mit einem Ausgleichswert von 1,6943 Entgeltpunkten, bezogen auf den 30.6.2014, übertragen.

Der Antragsteller wird verpflichtet, zum Ausgleich seines Anrechts beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Mitgliedsnummer) zu Gunsten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer) eine Abfindung in Höhe von 16.155,18 Euro an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird für den zweiten Rechtszug mit Wirkung ab dem 5.11.2019 für die Beschwerde in der Folgesache Versorgungsausgleich ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin xy bewilligt. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich nicht auf die von der Antragsgegnerin bereits bezahlte, aus einem Teilverfahrenswert von 1.000,- Euro berechnete Verfahrensgebühr nach Ziffer 3200 VV RVG und die von ihr bezahlten Auslagen nach Ziffer 2003 KV FamGKG. Im Übrigen, also hinsichtlich der Beschwerde in der Scheidungssache und der Folgesache Zugewinnausgleich, wird der Verfahrenskostenhilfeantrag zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Entscheidung in der Folgesache Versorgungsausgleich zugelassen.

Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 21.770,- Euro. Davon entfallen 12.900,- Euro auf die Scheidungssache, 3.870,- Euro auf die Folgesache Versorgungsausgleich und 5.000,- Euro auf die Folgesache Zugewinnausgleich.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Scheidungsverbundbeschluss, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, schied das Amtsgericht aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6.12.2016 auf den am 19.7.2014 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers hin die am 5.5.1989 geschlossene Ehe mit der Antragsgegnerin, stellte fest, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet und wies den auf die Zahlung von Zugewinnausgleich gerichteten Stufenantrag der Antragsgegnerin zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung verwies es im Wesentlichen auf die Regelungen in dem vom Antragsteller und der Antragsgegnerin zur Niederschrift des Notariatsdirektors xy in K. am 2.5.1989 geschlossenen Ehevertrag, in dem es u.a. heißt:

"§ 2 Wird die Ehe durch einen Scheidungsantrag, der nach vier Ehejahren bei Gericht eingeht, geschieden, so soll abweichend von der gesetzlichen Regelung der Versorgungsausgleich nur für die Zeiträume stattfinden, in denen ein Ehegatte ehebedingt keine Versorgungsanwartschaften erworben hat. Als solche ehebedingt anwartschaftslosen Zeiten gelten abschliessend:

1. Zeiten der Kindererziehung, bis das jüngste gemeinsame Kind das 10. Lebensjahr vollendet hat;

2. Zeiten, in denen ein Ehegatte wegen der gemeinsamen Kinder nur eine Halbtagstätigkeit ausübt;

3. Zeiten der Krankheit, die eine Arbeitsunfähigkeit nach sich zieht, und der Schwangerschaft wegen gemeinsamer Kinder;

4. Ehejahre, in denen der erwerbslose Ehegatte das 50. Lebensjahr vollendet hat.

...

§ 4 Für Zeiten, in denen der Versorgungsausgleich stattfindet, verbleibt es bei dem Güterstand der Gütertrennung.

§ 5 Ein Ehegatte kann jederzeit den Eintrag der Gütertrennung in das Güterrechtsregister verlangen. ..."

Im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags war der am 0.0.0000 geborene Antragsteller seit 1986 als selbständiger Rechtsanwalt tätig und zahlte für seine berufsständische Versorgung den vorgeschrie...

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