Normenkette

UrhG § 12 Abs. 2, §§ 23, 87b, 97 Abs. 1; UWG § 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/6 O 331/02)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerinnen gegen das Urteil des LG Frankfurt am Main – 6. Zivilkammer – vom 18.9.2002 wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerinnen tragen die Kosten der Berufung.

Die Revision findet nicht statt.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerinnen (nachfolgend: Klägerinnen) verlegen die juristischen Fachzeitschriften „Wettbewerb in Recht und Praxis”, „Archiv für Presserecht” und „Der Betrieb”. Die Verfügungsbeklagte (nachfolgend: Beklagte) bietet im Internet unter der Adresse, „jurion.de” einen Informationsdienst für Juristen an. Für den wöchentlich erscheinenden Newsletter werden nach Darstellung der Beklagten die Rspr. der wichtigsten Gerichte und über 120 Fachzeitschriften ausgewertet sowie die Entscheidungen der gesetzgebenden Organe beobachtet. Die Informationen werden zusammengefasst und nach Rechtsgebieten sortiert.

Neben den Newslettern werden „aktuelle Meldungen” in Form von Kurzreferaten (sog. Abstracts) in die Homepage der Beklagten eingestellt, wobei man über einen Link ein ausführlicheres abstract öffnen kann (Anlagen AS 10, 12, 14). Dabei handelt es sich um Zusammenfassungen juristischer Fachaufsätze auf bis zu einer DIN-A4-Seite. Die Beklagte berechnet für diesen Service zwischen 38 Euro und 100 Euro monatlich.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, die von der Beklagten veröffentlichten Abstracts seien unselbstständige Bearbeitungen, durch die sie, die Klägerinnen, in ihren Rechten gem. §§ 97, 87a ff. UrhG verletzt würden. Die Beklagte verstoße auch gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Leistungsübernahme.

Mit Antrag vom 20.8.2002 haben die Klägerinnen beantragt, es der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, Artikel aus den Fachzeitschriften „Wettbewerb in Recht und Praxis (wrp)”, „Archiv für Presserecht (AfP)” und „Der Betrieb (DB)” in das Internetangebot www.jurion.de in der Weise zu übernehmen/übernehmen zu lassen und/oder zu archivieren/archivieren zu lassen, dass die Artikel in Form von Kurzmeldungen (Abstracts) – wie in den Auszügen GA 3 bis GA 5 geschehen – wiedergegeben werden, und/oder diese Kurzmeldungen über einen abonnierbaren, elektronisch versendeten Newsletter verfügbar zu machen/machen zu lassen.

Die Beklagte hat Zurückweisung beantragt.

Das LG hat den Eilantrag mit der Begründung zurückgewiesen, eine verbotene Bearbeitung oder Vervielfältigung der Originaltexte liege nicht vor, wenn in den Zusammenfassungen der Beklagten der Inhalt der Aufsätze mit eigenen Worten und in kurzer Form wiedergegeben werde. Eine die Lektüre des Originaltextes ersetzende Bearbeitung könne bei den angegriffenen Zusammenfassungen nicht festgestellt werden. Ein Antrag aus § 1 UWG scheitere schon an einer fehlenden Leistungsübernahme.

Mit der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihren Unterlassungsantrag weiter.

Sie tragen vor, die Beklagte bewerbe ihr Internetangebot ausdrücklich damit, dass der Interessent anstatt des langwierigen Lesens der einzelnen Fachaufsätze auf einen Blick erkennen könne, was in dem jeweiligen Fachaufsatz enthalten sei. So werde viel Zeit gespart. Erstellung und Vertrieb der Abstracts sei eine unfreie Bearbeitung der urheberrechtlich geschützten Originalartikel und verstoße wegen der fehlenden Genehmigung gegen § 23 UrhG. Zugleich sei auch ein Verstoß gegen § 87b UrhG gegeben, da die Fachzeitschriften als Datenbanken zu werten seien. Da der Inhalt des kommerziellen Internetangebotes neben dem gemeinfreien Abdruck von Gerichtsurteilen ausschließlich aus der Veröffentlichung von Abstracts bestehe und sich die Beklagte mit den renommierten Titeln der Fachzeitschriften der Klägerinnen schmücke, liege auch ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Rufausbeutung vor. Schließlich verstoße die Beklagte gegen § 1 UWG, weil sie Aufwendungen für eigene Ermittlungen erspare. Von einer zulässigen Leistungsübernahme könne keine Rede mehr sein, wenn die eigene Leistung fast ausschließlich darin bestehe, die Leistungen anderer zu sortieren, zusammenzufassen, aber sonst unverändert wiederzugeben. Das Angebot der Beklagten bestehe neben der Veröffentlichung gemeinfreier Gerichtsentscheidungen ausschließlich aus der Übernahme von Veröffentlichungen aus Fachzeitschriften. Die Abstracts würden von der Beklagten mit Quellenverweis in ihr Internetangebot eingestellt, womit sich die Beklagte an den guten Ruf der jeweiligen Titel anlehne und den Vertrieb der Originalprodukte behindere.

Die Beklagte rügt fehlende Eilbedürftigkeit unter Hinweis darauf, dass die Klägerinnen spätestens seit Mai 2002 Kenntnis von Jurion hätten. Hintergrund sei ein Artikel in dem von der Klägerin zu 2) verlegten Handelsblatt vom 15.7.2002 über den Dienst der Beklagten. Überdies verfolgten beide Klägerinnen mit großer Sorgfalt den Markt und ihre Wettbewerber.

Urheberrechtlichen Schutz könnten die Klägerinnen schon deshalb nicht in Anspruc...

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