Entscheidungsstichwort (Thema)

Markenmäßige Benutzung eines Vornamens als Modellbezeichnung für Bekleidungsmittel

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Vorname (im Streitfall: "Sam"), der mit einer für Bekleidungsstücke eingetragenen Wortmarke identisch ist, in einem Internetangebot als Modellbezeichnung für eine Hose verwendet, liegt darin dann keine markenmäßige, d.h. die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigende Benutzung, wenn es sich bei der Klagemarke um keine bekannte Marke handelt und das Bestellzeichen nicht im räumlichen Zusammenhang mit einer Hersteller- oder Dachmarke und nur an unauffälliger Stelle des Angebots verwendet wird (im Streitfall bejaht).

 

Normenkette

MarkenG § 14

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.05.2016; Aktenzeichen 2-3 O 318/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.5.2016 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens - hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten über markenrechtliche Ansprüche.

Die Klägerin ist Inhaberin der am 3.5.1991 angemeldeten und am 27.9.1991 unter anderem für "Bekleidungsstücke" (Klasse 25) eingetragenen deutschen Wortmarke "SAM" (Reg.Nr. ..., Anlage K3).

Die Beklagte gehört zu den führenden Anbietern aktueller Markenmode für Herren in Deutschland, insbesondere im Bereich des Onlinehandels. Sie betreibt unter anderem die Onlineshops www.(x).de und www.(y).de, auf denen Bekleidungsstücke einer Vielzahl verschiedener Hersteller angeboten werden. Auf diesen Portalen bot die Beklagte unter der Bezeichnung "A" Jeanshosen der Herstellerin B GmbH & Co. KG an (Anlagen K1, K2). Im Beschreibungstext der Angebote findet sich jeweils die Angabe "Modell: Sam". Beispielhaft wird auf das nachfolgende Angebot verwiesen:

((Abbildung))

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 25.3.2015 ab (Anlage K 16).

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte nutze das Zeichen "Sam" markenmäßig im Sinne einer Zweitmarke. Sie hat beantragt, es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung "Modell: SAM" Bekleidungsstücke anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies wie in zwei - konkret bezeichneten - Angeboten geschieht. Außerdem hat die Klägerin Erstattung ihrer Abmahnkosten nebst Zinsen begehrt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, sie verwende stets die Modellnamen, die die Hersteller den Produkten zuweisen. Es sei seit Jahrzehnten in der Bekleidungsbranche üblich und gängige Praxis, zur Benennung der Modelle innerhalb einer Kollektion eines Herstellers Vornamen zu verwenden. Die Vornamen dienten nicht dazu, die Bekleidungsstücke eines Herstellers von denjenigen eines anderen Herstellers zu unterscheiden. Dem Durchschnittsverbraucher sei diese Praxis geläufig.

Das Landgericht hat der auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben und den auf Ersatz der Abmahnkosten gerichteten Klageantrag abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 26.10.2017 zurückgewiesen; die im Hinblick auf die Erstattung der Abmahnkosten eingelegte Anschlussberufung der Klägerin hatte bis auf einen Teil des Zinsanspruchs Erfolg (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2018, 102 = WRP 2018, 113 - SAM).

Auf die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten hat der BGH mit Urteil vom 7.3.2019 das Berufungsurteil aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückverwiesen (BGH GRUR 2019, 522 - SAM).

Im neu eröffneten Berufungsrechtszug haben die Parteien ergänzend vorgetragen. Die Klägerin behauptet, der Verbraucher fasse die Bezeichnung "SAM" trotz Verwendung an der eher unauffälligen Stelle im Verkaufsangebot als Herkunftshinweis auf. Das Verkehrsverständnis im Bekleidungssektor sei durch die bekannte Modellbezeichnung "501" geprägt, die als Zweitmarke unter der Dachmarke Levi's aufgefasst werde. Dies ergebe sich aus zahlreichen Zeitungsartikeln, Magazin- und Forenbeiträgen (Anlagen K70 - 99). Die Beklagte verwende die Modellbezeichnung "501" in Produktbeschreibungen ihres Online-Shops ebenfalls an untergeordneter Stelle (Anlage K100, K101). Der Verbraucher sei daher daran gewöhnt, dass Modellbezeichnungen auch an unauffälligen Stellen herkunftshinweisend genutzt würden. Der Verkehr unterscheide im Übrigen zwischen kategorisierenden (= beschreibenden) Modellbezeichnunge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge