Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 862 I BGB als Basis für Verfügungsgrund

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.05.2016; Aktenzeichen 2-5 O 29/16)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 6.5.2016 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO)

I. Der im Jahr 2010 gegründete Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) veranstaltet Vollblutzucht-Pferderennen und ist Mitglied des E, O2.

Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist Eigentümerin eines ca. 363.365 m2 großen Geländes in O1-X, das als Pferde, Golf- und Freizeitsportfläche (kurz: Rennbahn) genutzt wird.

Mit Mietvertrag vom 06.09.2010 vermietete die Beklagte an die B GmbH (im Folgenden: B) das vorgenannte Rennbahngelände rückwirkend zum 01.09.2009 bis zum 31.08.2024 zur Benutzung als Pferde, Golf- und Freizeitsportfläche mit der Verpflichtung, jährlich mindestens fünf Renntage mit jeweils sechs Pferderennen zu veranstalten. Der B war erlaubt, mit dem D einen Durchführungsvertrag zu schließen, um seine vorgenannte Verpflichtung zu erfüllen.

Die B, die zur Veranstaltung von Vollblutzucht-Rennen nicht berechtigt ist, und der damals in Gründung befindliche Kläger schlossen am 06.12.2010 mit Wirkung zum 01.01.2011 bis 31.08.2024 unter Vereinbarung eines beiderseitigen Kündigungsrechts jeweils zum 30.06. und 31.12 eines jeden Jahres unter Wahrung einer 2-monatigen Kündigungsfrist einen Geschäftsbesorgungsvertrag, ausweislich dessen sich der Kläger gegen eine Vergütung von jährlich 216.000,00 EUR zur Austragung von mindestens fünf Pferderenntagen, darunter mindestens ein Listenrennen, nach den Leistungsprüfungsstandards des E, O2, dem der Kläger als Mitglied anzugehören hatte, verpflichtete.

Die Beklagte übertrug in der Folgezeit im Wege eines Erbbaurechts große Teile des Galopprennbahnareals zum Zwecke der Errichtung einer Fußballakademie an den Deutschen Fußballbund. Sie vereinbarte durch notariellen Vertrag vom 05.08.2014 mit dem Alleingesellschafter/Geschäftsführer der B zum einen einen Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag über die Geschäftsanteile an der B, zum anderen die Aufhebung des Mietvertrages mit sofortiger Wirkung unter Verpflichtung der B zur Rückgabe des Mietgegenstands.

Die B sprach mit Schreiben vom 04.03.2015 gegenüber dem Kläger die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages zum 30.06.2015 aus.

Am 06.01.2016 wurde ein schriftlicher Hinweis des Liegenschaftsamts der Beklagten auf dem Rennbahngelände vorgefunden, der den Rückbau der Tribüne und im Laufe des Monats damit einhergehend die Abtrennung der Versorgungsleitungen von Wasser und Strom vom städtischen Netz ankündigte (mit Ausnahme der für den Golf-Betrieb erforderlichen Anschlüsse). Auch erschienen am 01.02.2016 Presseberichte, dass nunmehr "die Bagger kommen".

Der Kläger hat sinngemäß den Erlass einer einstweiligen Verfügung dahin beantragt, der Beklagten zu gebieten, den Rückbau/Abriss der Tribüne auf dem Gelände der Rennbahn, A-Straße ..., O1, sowie die Abtrennung der für das Rennbahngelände einschließlich der stehenden Gebäude auf dem Grundstück der A-Straße ... vorhandenen Versorgungsleitungen für Strom und Wasser zu unterlassen.

Mit Beschluss vom 25.01.2016 hat das LG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil kein Besitz, sondern lediglich Besitzdienerschaft des Klägers an dem Rennbahngelände angenommen werden, er also nicht mit Erfolg verbotene Eigenmacht geltend machen könne.

Der unmittelbar an den erkennenden Senat adressierten sofortigen Beschwerde unter Erweiterung des Antrags (Bl. 91 ff d.A.) hat das LG nach - zur etwaigen Abhilfe - Zuleitung der Beschwerdeschrift durch den Senat mit Beschluss vom 29.01.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.

Mit Beschluss des Einzelrichters des erkennenden Senats vom 04.02.2016 - 2 W 10/16 - (im Folgenden: Senatsbeschluss) ist der angefochtene Beschluss unter Zurückweisung der weiter gehenden sofortigen Beschwerde teilweise abgeändert und der Beklagten unter Zurückweisung des weiter gehenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung untersagt worden,

(1.) die Tribüne nebst der gesamten Rennbahn mit Sandbahn, Innenbahn und Außenbahn (Geläuf) auf dem Rennbahngelände, A-Straße ..., O1, zurückzubauen, insbesondere abzureißen sowie

(2.) Versorgungsleitungen für Strom und Wasser auf dem unter Ziffer 1. genannten Rennbahngelände und in den auf dem Gelände aufstehenden Gebäuden von dem städtischen Netz abzutrennen.

Zur Begründung ist - zusammengefasst - darauf abgestellt worden, der Kläger sei Besitzer des Rennbahngeländes, soweit es nicht in Teilen anderen Nutzern (Golfplatzbetreiber) überlassen ist, und könne sich daher auf Besitzschutz gegen verbotene Eigenmacht berufen.

Gegen diese Beschluss...

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