Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers nur bei nachträglich verlangten, nicht bei vereinbarten Bürgschaften

 

Leitsatz (amtlich)

§ 648a BGB findet nur auf nachträglich verlangte Sicherheiten Anwendung, während vereinbarte Sicherheiten unberührt bleiben.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.08.2002; Aktenzeichen 2-25 O 22/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main - Einzelrichter - vom 16.8.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die vorläufige Vollstreckbarkeit durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Beschwer der Beklagten: 21.985,55 Euro.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf der Grundlage einer Zahlungsbürgschaft i.H.v. 21.985,55 Euro (43.000 DM) wegen für die Hauptschuldnerin geleisteten Rodungsarbeiten in Anspruch. Ihre Werklohnforderung hat die Klägerin ggü. der Hauptschuldnerin am 21.5.2001 (Bl. 52 d.A.) unter Bezugnahme auf die geschlossenen Pauschalvereinbarungen und unter Abzug von ersparten Aufwendungen abgerechnet, nachdem der Vertrag durch die Hauptschuldnerin gekündigt worden war.

Das LG hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, dass die Beklagte auf alle Einreden gem. §§ 768, 770 und 771 BGB verzichtet habe und hiervon auch der Einwand gem. § 648a Abs. 2 BGB erfasst werde.

Gegen das am 19.8.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.9.2002 Berufung eingelegt und diese innerhalb der gewährten Verlängerungsfrist begründet.

Die Beklagte begehrt die Aufhebung des Urteils und Klageabweisung, weil die Bürgschaft durch Rückgabe der Urkunde erloschen sei, die Beklagte gem. § 648a Abs. 2 BGB nicht zur Leistung verpflichtet sei und auch ihr Einwand aus § 767 BGB nicht ausgeschlossen sei, auf Grund dessen berücksichtigt werden müsse, dass der Werkvertrag zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin beendet wurde; außerdem sei eine Abschlagszahlung der Hauptschuldnerin von 6.960 DM unberücksichtigt geblieben.

Die Klägerin begehrt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Aus den in zweiter Instanz vorgelegten schriftlichen Unterlagen geht hervor, dass die Klägerin wegen einer Verzögerung des zunächst am 12.3.2003 erteilten Auftrages über Leistungen für eine pauschale Vergütung i.H.v. 40.600 DM mit Schreiben vom 23.2.2001 die Übernahme eines Nachtragsauftrages von 9.686 DM von der Stellung einer Bankbürgschaft über die gesamte Auftragssumme abhängig gemacht hat (Bl. 118 f. d.A.). Die Klägerin behauptet, über die Art der Sicherung sei sehr ausführlich telefonisch gesprochen worden. In der Auftragserteilung der Hauptschuldnerin vom 27.2.2001 (Bl. 115 d.A.) wird die Zusendung der "vereinbarten Zahlungsbürgschaft" schnellstmöglich zugesagt.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Übrigen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe gegen die Beklagte aus Bürgschaft (§ 765 BGB) gemäß der Bürgschaftserklärung der Beklagten vom 6.3.2001 (Bl. 3 ff. d.A.) zu, weil die Beklagte auf die Einreden gem. §§ 768, 770 und 771 BGB verzichtet hat und die Zahlungsbeschränkung des § 648a Abs. 2 BGB nicht eingreift.

1. Die Bürgschaft ist nicht durch Rückgabe der Bürgschaftsurkunde erloschen. Die Übersendung der Bürgschaftsurkunde geschah weder im Hinblick auf eine von der Beklagten vorgenommene Zahlung noch als Angebot auf einen Erlassvertrag. Die Zustellung der Bürgschaftsurkunde erfolgte vielmehr in Verbindung mit der gleichzeitig übersandten Zahlungsaufforderung und deshalb erkennbar in der Absicht, die von der Beklagten übernommene Zahlungsbürgschaft einzufordern.

2. Der auf § 767 BGB gestützte Einwand der Beklagten, die Forderung der Klägerin bestehe wegen der von der Hauptschuldnerin erklärten Kündigung des Vertrages nicht mehr in der geltend gemachten Höhe, ist nicht hinreichend dargetan, ebenso wie die Behauptung einer nicht berücksichtigten Abschlagszahlung. Die Klägerin hat den ihr gem. §§ 649 BGB, 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB nach Kündigung der Hauptschuldnerin zustehenden Anspruch durch Berücksichtigung von ersparten Aufwendungen zutreffend abgerechnet. Ein hiergegen gerichteter substantiierter Vortrag der Beklagten liegt nicht vor. Sie hat insb. die hierzu im Termin vom 21.5.2001 durch das LG gewährte Schriftsatzfrist ungenutzt verstreichen lassen. In zweiter Instanz ist deshalb neues Vorbringen gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen. Dies gilt auch, soweit die Beklagte auf den zwischen der Hauptschuldnerin und der Klägerin anhängigen Rechtsstreit über die streitige Werklohnforderung verweist. Die Abschlagszahlung der Hauptschuldnerin (6000 DM o...

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