Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausführung von Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren im Wege der Kommission ist der Regelfall. Dies gilt auch dann, wenn eine Direktbank Wertpapieraufträge online im Internet telefonisch oder per Telefax entgegennimmt. Festpreisgeschäfte kommen nur in Betracht, wenn die Parteien eines Wertpapiergeschäfts einen festen, bestimmten Preis vereinbaren und die Bank keine zusätzlichen Gebühren für eine Geschäftsbesorgung in Rechnung stellt.
2. Zur Stornierung von Optionsscheinsgeschäften wegen sog. Mistrades.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-21 O 261/04) |
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von der beklagten Bank Schadensersatz aus - seiner Auffassung nach - vertragspflichtwidriger Behandlung ihr erteilter Aufträge im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften (Stornierung wegen "Mistrades").
Die Parteien schlossen im Jahre 1999 eine schriftliche "Vereinbarung über die Ausführung von Wertpapier- und Termingeschäften" (Anlage K 1, Bl. 99 f. Bd. I). Die Beklagte übernahm danach (Präambel Bl. 175, § 1 (2) Bl. 176):
"lediglich die Ausführung der Geschäfte und keinerlei Beratungsleistungen gegenüber dem Auftraggeber ["execution only"])".
Nach § 4 (Bl. 178) führt die Beklagte
"Aufträge als Kommissionär im eigenen Namen, aber auf Risiko und Rechnung des Auftraggebers mit dem Recht auf Selbsteintritt"
aus. § 17 bezieht die dort i.e. bezeichneten allgemeinen Geschäftsbedingungen ein (Bl. 185), darunter die "Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte" (Bl. 191 f.). Danach wird die Bank
"Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapiere entweder als Kommissionsgeschäft ausführen ... oder mit dem Kunden Festpreisgeschäfte tätigen".
Der Kläger betrieb professionell Optionsscheinhandel. Im Rahmen der hier gegenständlichen Geschäfte handelte er für sich selbst.
Nach einem Teilerfolg der Klage in erster Instanz hinsichtlich eines weiteren nicht ausgeführten Auftrags des Klägers befinden sich nun noch zwei Geschäftsvorfälle im Streit, hinsichtlich derer das Landgericht die Klage abgewiesen hat:
Am 30.3.2000 beauftragte der Kläger die Beklagte telefonisch mit dem Kauf von 10.000 Stück Optionsscheinen zu einem Preis zwischen 0,45 und 0,55 EUR, deren Emittentin die Streithelferin zu 1) war. Die Beklagte bestätigte den Auftrag zunächst, kündigte am selben Abend aber dessen Stornierung an, da ein "falscher Preis" angegeben worden sei; der tatsächliche "faire" Preis betrage 1,90 EUR pro Stück. Am Folgetag erteilte der Kläger eine Verkaufsorder über diese 10.000 Stück zu je 2,15 EUR. Die Beklagte lehnte die Ausführung ab.
Insoweit beansprucht der Kläger Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns in Höhe von 16.000 EUR.
Am 15.2.2001 erfragte der Kläger bei der Beklagten den Preis für einen anderen Optionsschein (der Streithelferin zu 2). Die Beklagte nannte 2,12 EUR/Stück. Der Kläger erteilte einen Kaufauftrag über 15.000 Stück. Am 19.2.2001 teilte die Beklagte die Stornierung des Auftrages mit. Der Kläger erteilte ihr dennoch am 3.3.2001 einen Verkaufsauftrag "bestens" zum Kassakurs. Die Kaufabrechnung (Bl. 203) ist insoweit fehlerhaft, als sie als Handelsplatz die "A O1" bezeichnet, obwohl dieser Wert außerbörslich gehandelt wurde. Zwischen der Beklagten und der Streithelferin zu 2) gilt ein schriftlicher Vertrag vom 4.9.2000 (Bl. 275 ff. Bd. II), dessen § 11 den Fall von "Mistrades" regelt (Bl. 277). Nr. 1 S. 1 der dortigen Regelung lautet: "Ein Geschäft kann auf Verlangen des Emittenten und/oder des Intermediärs aufgehoben werden, wenn der Preis des zustandegekommenen Geschäfts erheblich von einem marktadäquaten Preis abweicht und der Intermediär und/oder der Emittent gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner unverzüglich, spätestens jedoch bis 12.00 Uhr am nächsten Handelstag, die Preisabweichung geltend macht".
Der Kläger verlangt auch insoweit Ersatz ihm entgangenen Gewinns in Höhe von 133.865,40 EUR.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich dieser Positionen nach Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und Vernehmung eines Zeugen abgewiesen.
Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die jeweiligen Auftragsverhältnisse seien - wie regelmäßig - als Kommissionsgeschäfte, nicht als Festpreisgeschäfte zu qualifizieren; Besonderheiten, die die Annahme von Festpreisgeschäften rechtfertigen könnten, seien nicht vorgetragen. Da die Beklagte die Aufträge nicht ausgeführt habe, habe sie aus diesen Geschäften nichts erlangt, das sie herauszugeben hätte. Die Beklagte habe sich mit Stornierung dieser Aufträge nicht schuldhaft vertragspflichtwidrig verhalten; im Falle von "Mistrades" seien Stornierungen üblich und rechtlich - als Handelsbrauch i.S.d. § 346 HGB - möglich, und zwar auch im Falle des außerbörslichen Telefonhandels. Es verhalte sich auch nicht so, daß Gründe für eine Stornierung erkennbar nicht vorgelegen hätten oder gar eine Schädigungsabsicht zum Nachteil des Klägers anzunehmen sei. Auch eine Verletzung von Aufklärungspflichten komme schon im Ansatz nicht in Betracht; der...