Leitsatz (amtlich)
Das in § 4 IV Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) geregelte Verbot des Veranstalters und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet ist mit dem Verfassungsrecht und dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Wer über das Internet die Möglichkeit anbietet oder verschafft, Sportwetten zu festen Gewinnquoten einzugehen, verstößt daher nicht nur gegen § 4 IV GlüStV), sondern verhält sich zugleich wettbewerbswidrig (§ 4 Nr. 11 UWG). Dies gilt auch, wenn der Anbieter über eine noch während des Bestehens der DDR oder eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte Erlaubnis verfügt.
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 11 O 56/06) |
Gründe
I.
Die Klägerin, die A- mbH ("..."), nimmt die Beklagte zu 1) und deren Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), wegen des Anbietens und Bewerbens von Sportwetten im Bundesland Hessen wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch.
Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 165 ff. d.A.) Bezug genommen. Zur näheren Konkretisierung des von der Klägerin erstinstanzlich beanstandeten Internetauftritts der Beklagten zu 1) wird auf die Anlagen K 1 (Bl. 10 d.A.), K 2 (Bl. 11 d.A.) sowie K 14 und K 29 verwiesen. Zu ergänzen ist: Die Beklagte zu 1) weist eingangs ihrer AGB darauf hin, dass sie (über ihren Internetauftritt "www-...de") die Sportwetten an die C Ltd. vermittle, so dass der Wettvertrag des Kunden in der Regel mit der maltesischen Gesellschaft zustande komme und mit der Beklagten zu 1) nur dann, wenn der Kunde der Wettvermittlung widerspreche (vgl. Anlage K 30 sowie ferner Seite 11 des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.06.2008 / Bl. 1549 d.A. und Anlage 7 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.02.2009). Bei der C Ltd. handelt es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1).
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in dem Gebiet des Landes Hessen Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, anzubieten oder zu bewerben,
2. den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der Unterlassungsverpflichtungen gem. Ziffer 1, ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist oder künftig entstehen wird, dass die Beklagte zu 1) im Gebiet des Landes Hessen ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten veranstaltet, angeboten oder beworben hat oder zukünftig veranstaltet, anbietet oder bewirbt,
4. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Umsätze die Beklagte zu 1) dadurch erzielt hat, dass sie Sportwetten von Teilnehmern innerhalb des Gebietes des Landes Hessen angenommen hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 I, IV StGB und § 5 I des Gesetzes über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen nicht zu. Zwar seien die Parteien Wettbewerber und bei den von der Beklagten zu 1) auch in Hessen veranstalteten Sportwetten nach dem Buchmacherprinzip (ODDSET-Wetten) handele es sich um Glücksspiele i.S.v. § 284 StGB. Jedoch schließe die der Beklagten zu 1) am 14.09.1990 von der Stadt Stadt1 erteilte Erlaubnis zum Abschluss von Sportwetten (Anlagen B 1-3) - unabhängig von dem räumlichen Geltungsbereich, den sie verwaltungsrechtlich habe - eine Strafbarkeit der Beklagten nach § 284 StGB bundesweit aus. Außerdem sei angesichts der rechtlichen Fragwürdigkeit des staatlichen Wettmonopols, die insbesondere durch die Entscheidung des EuGH in der Sache "Placanica" vor Augen geführt werde, das Verhalten der Beklagten zu 1) jedenfalls solange nicht wettbewerbsrechtlich unlauter, solange die Beklagte zu 1) ihre Tätigkeit über eine nicht widerrufene Erlaubnis der Stadt1 ausübe und die grundlegende juristische Auseinandersetzung höchstrichterlich nicht abschließend geklärt sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie hat ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft und mit der Berufungsbegründung zunächst angekündigt, die erstinstanzlichen Klageanträge erneut zu stellen. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin geltend gemacht, auch soweit die Beklagte zu 1) über das Internet Sportwetten an die C Ltd. vermittle, verstoße sie gegen § 284 StGB. Da die C Ltd. im Außenverhältnis nicht weiter in Erscheinung trete, sei die Beklagte zu 1) insoweit nicht nur als Vermittlerin, sondern zugleich als Veranstalterin im Sinne von § 284 StGB anzusehen.
Zum 01.01.2008 sind der Staatsvertrag zum G...