Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 20.02.2018; Aktenzeichen 3 O 310/15) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 20. Februar 2018, Az. 3 O 310/15, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Durchführung von Mangelbeseitigungsarbeiten geltend, die deswegen erforderlich sein sollen, weil die Beklagte angeblich ungeeignetes Holz für eine Außentreppe mit Balkon auf dem Grundstück des Klägers geliefert hat.
Der Kläger war bis zum XX.XX.2012 Inhaber einer Tischlerei, die anschließend von seiner Ehefrau übernommen wurde, und stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten. Bei einem turnusmäßigen Besuch des Außendienstmitarbeiters der Beklagten, des Zeugen X, im Herbst 2011 zeigte er diesem auf seinem Grundstück - einem Nachbargrundstück zur Tischlerei - eine aus Holz hergestellte Außentreppe nebst Balkon, die faulte und brüchig wurde. In der Folge bestellte der Kläger bei der Beklagten zur Erneuerung der Treppe nebst Balkon "Brettschichtholz sibirische Lerche". Die Beklagte richtete sowohl die Auftragsbestätigungen (Anlagen B2 bis B5) als auch die Rechnungen (Anlagen B6 bis B9) an den Kläger unter Angabe der Geschäftsadresse und den Zusatz "Tischlerei". Die Beklagte lieferte das Holz, das der Kläger einbaute. Im Jahr 2015 wandte sich der Kläger wegen Rissbildungen im Holz an die Beklagte.
Die Parteien haben in erster Instanz im Wesentlichen darüber gestritten, ob es sich um einen Verbrauchsgüterkaufvertrag im Sinne des § 474 BGB handelt und die gelieferten Hölzer mangelhaft sind. Die Beklagte hat ergänzend ein Mitverschulden des Klägers sowie einen Abzug "neu für alt" in Höhe von mindestens 20 % geltend gemacht und die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 224 bis 228 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage nach teilweiser Klagerücknahme in der Hauptsache nach Durchführung einer Beweisaufnahme stattgegeben und lediglich die zu erstattenden vorgerichtlichen Anwaltskosten geringfügig reduziert. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 228 bis 238 d.A.) wird verwiesen.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt.
Sie rügt, der Vorschussanspruch scheitere bereits daran, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Verbraucher gehandelt habe. Der Kläger sei Inhaber der Tischlerei gewesen und habe eine mehrjährige Beziehung zur Beklagten als Lieferantin gehabt. Er sei turnusmäßig von ihrem Außendienstmitarbeiter aufgesucht worden, und im Rahmen eines solchen Gesprächs sei es zu der Bestellung des Holzes für die Terrasse des privaten Hauses gekommen. Im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses seien sowohl der Kläger als auch der Zeuge X davon ausgegangen, dass die Abwicklung wie alle anderen Bestellungen auch über die Tischlerei erfolgen solle. Entsprechend hätten die Parteien auch verfahren. Die Auftragsbestätigungen und die Rechnungen seien an die Tischlerei gegangen. Die Rechnungen seien auch von dem Geschäftskonto beglichen worden. Es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt habe erstatten lassen. Auch das erste Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers trage die Überschrift "Forderung von Herrn Y Tischlerei". Der Kläger sei zudem nicht in einer schwächeren Verhandlungsposition gewesen.
Es liege auch kein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB vor; vielmehr trage allein der Kläger das Verwendungsrisiko. Es fehle an einer von beiden Parteien übereinstimmend unterstellten Verwendung der Kaufsache, da die Verwendung ausschließlich von dem Kläger vorgegeben worden sei. Der Kläger verfüge als Tischler auch über eine größere Sachkunde als der Außendienstmitarbeiter der Beklagten, die einen Holzhandel betreibe. Der Zeuge habe lediglich auf die Preisbildung Einfluss gehabt. Das zu liefernde Holz sei ausschließlich von dem Kläger bestimmt worden. Allein der Umstand, dass der Kläger irrtümlich davon ausgegangen sei, das Holz sei wetterfest, begründe keine übereinstimmend unterstellte Verwendung des Holzes. Ein Beratungsgespräch sei von dem Kläger nicht gewünscht worden.
Der Kläger habe zudem mangels Einhaltung der Rügepflicht aus § 377 HGB und § 12 der Tegernseer Gebräuche seine Gewährleistungsrechte verloren.
Die Einrede der Verjährung greife durch. Die Verjährungsfrist betrage nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwei Jahre nach Ablieferung. § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB greife nicht ein...