Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitgegenstand eines Unterlassungsantrages; Begriffe der gesundheitsbezogenen und der nährwertbezogenen Angabe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird in einem Unterlassungsantrag die abstrakte Beschreibung der zu untersagenden Handlung um die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform ("wie geschehen in ...") ergänzt, kommt dem abstrakt beschreibenden Teil maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des Streitgegenstands zu. Bei der Prüfung des Antrags ist der Inhalt der konkreten Verletzungsform zwar zu berücksichtigen, soweit sie weitere Elemente enthält, die geeignet sind, die - nach Meinung des Klägers - von der abstrakt beschriebenen Handlung ausgehende Rechtsverletzung zu verdeutlichen oder zu verstärken. Vom Streitgegenstand eines solchen Antrags sind dagegen nicht solche Vorwürfe erfasst, die sich - neben der abstrakt beschriebenen Handlung und unabhängig davon - gegen sonstige Elemente der konkreten Verletzungsform richten.

2. Der als Marke für Babynahrung verwendete Begriff "Combiotik" enthält - auch im Zusammenhang mit der weiteren Angabe "Präbiotik + Probiotik" - keine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der "Health-Claims-Verordnung" (HCVO). Ebenso wenig enthalten die Begriffe "Probiotik" oder "natürliche Milchsäurekulturen" nährwertbezogene Angaben im Sinne der HCV.

3. Die Angabe "probiotische Milchsäurekultur" im Zutatenverzeichnis stellt eine hinreichende Spezifizierung dieser Zutat i.S.v. § 4 Abs. 1 Ziff. 1 LMKV dar.

 

Normenkette

EGV 1924/2006 Art. 2, 7; LMKV § 4 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.05.2012; Aktenzeichen 3-6 O 10/12)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.10.2014; Aktenzeichen I ZR 162/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.5.2012 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien gehören bundesweit zu den bedeutendsten Anbietern von Babynahrung. Die Beklagte vertreibt seit März 2011 Säuglingsnahrung unter der Marke "Combiotik". Auf die Ablichtungen der streitgegenständlichen Verpackungen (Anlage A - Bl. 43-50 d.A.) wird verwiesen.

Die Klägerin hält die Bezeichnung "Combiotik" für eine gesundheitsbezogene Angabe, deren Verwendung der Verordnung (EG) 1924/2005 ("Health Claims Verordnung", im Folgenden HCVO) widerspreche. Außerdem wirft sie der Beklagte vor, die Zutat "probiotische Milchsäurekultur" falsch deklariert und es unterlassen zu haben, in unmittelbarer Nähe zur Nährwertkennzeichnung die Menge dieser Zutat anzugeben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. verwiesen (Bl. 305 ff. d.A.).

Das LG hat die Klage abgewiesen. Dabei ist es in Bezug auf den Unterlassungsantrag zu 1. (Combiotik') der Argumentation des Senats in dessen Eilentscheidung vom 2.2.2012 (6 U 136/11) gefolgt. Den Unterlassungsantrag zu 2. (unzureichende Angabe "probiotische Milchsäurekultur") hat es deshalb abgewiesen, weil es sich um die verkehrsübliche Bezeichnung dieser Zutat handle, mit der ein Verbraucher inhaltlich etwas verbinden könne. Der Unterlassungsantrag zu 3. (fehlende Mengenangabe der Zutat) sei ebenfalls unbegründet. Ein Anspruch lasse sich nicht aus einer Verletzung von Art. 7 Abs. 1 HCVO ableiten, denn dieser erfasse nur nicht- obligatorische Angaben, zu denen die Pflichtangaben der Zutatenliste nicht gehörten. Im Übrigen sei der Sachverhalt abschließend durch die sog. Nährwertkennzeichnungsverordnung geregelt.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Ziel unter Wiederholung und Vertiefung der bisherigen Argumente weiter.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR, Ordnungshaft höchstens 2 Jahre, zu unterlassen, Babynahrung

1. unter der Bezeichnung "Combiotik"

und/oder

2. mit der Angabe in Zutatenverzeichnissen "probiotische Milchsäurekultur" ohne nähere Spezifizierung zur Art der Milchsäurekultur

und/oder

3. mit fehlender mengenmäßiger Angabe in unmittelbarer Nähe der Nährwertkennzeichnung zu der Zutat "probiotische Milchsäurekultur"

zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wie geschehen in Anlage A,

II. der Klägerin die Befugnis ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge