Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung des Anspruchsübergangs nach § 116 Abs. 3 S. 1 SGB X bei Mithaftung des Getöteten

 

Normenkette

BGB § 844 Abs. 2; SGB X § 116 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.11.2017; Aktenzeichen 2-24 O 272/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 24. Zivilkammer - vom 30. November 2017, Az. 2-24 O 272/16, teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.178,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Januar 2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 14 % und die Beklagte 86 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege des Rechtsübergangs nach § 116 SGB X auf Ersatz ihrer Aufwendungen für die Jahre 2013 und 2014 in Anspruch, die sie an die Witwe ihres Versicherten A erbracht hat, der am XX.XX.2006 bei einem Verkehrsunfall mit einem bei der Beklagten versicherten Sattelzug nebst Auflieger ums Leben kam. Die Haftung der Beklagten in Höhe von 25 % ist unstreitig. Gegenstand der Klage sind mögliche auf die Klägerin übergegangene Unterhaltsansprüche (Barunterhalt sowie Naturalunterhalt) der Witwe des Versicherten gegen die Beklagte.

Erstinstanzlich haben die Parteien im Wesentlichen über einzelne Aspekte der Schadensberechnung sowie darüber gestritten, in welchem Umfang mögliche Ansprüche auf die Klägerin übergegangen sind.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 112 bis 121 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, selbst bei Unterstellung der von der Klägerin dargelegten Parameter und Berechnungen, bei denen ein Vorteilsausgleich wegen des ersparten Barunterhalts nicht in Betracht komme, habe die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 116 Abs. 3 SGB X i.V.m. §§ 844, 846 BGB . Es bestehe die Besonderheit, dass die Witwe bei direkter Anwendung des § 116 Abs. 3 SGB X weniger erhalte als bei 100%iger Haftung des Schädigers. Zu dem umgekehrten Fall, dass ein Hinterbliebener bei unmittelbarer Anwendung von § 116 Abs. 3 SGB X mehr erhalte als bei voller Haftung des Schädigers, habe das OLG Hamm (NJW-RR 2004, 317 [OLG Hamm 16.10.2003 - 6 U 16/03]) bei seiner einschränkenden Auslegung des § 116 Abs. 3 SGB X darauf verwiesen, dass das von dem Hinterbliebenen erzielte Einkommen in erster Linie diesem und nicht dem Sozialversicherungsträger zugute kommen und zunächst herangezogen werden solle, um die Differenz zwischen der Leistung des Sozialversicherers und dem bei 100%iger Haftung zu zahlenden Schadensersatz zu decken. Diese Argumente seien auch im vorliegenden Fall anwendbar. Da der Anteil der Witwe, der sich bei einer 100%igen Haftung des Schädigers ergeben würde, immer höher sei als der gesamte quotierte Anspruch, gehe entsprechend nichts auf die Klägerin über.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 121 ff. d.A.) verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Das Landgericht habe zwar die Ersatzansprüche zutreffend berechnet, aber § 116 Abs. 3 SGB X fehlerhaft angewandt. Nach dem in § 116 Abs. 3 S. 1 SGB X niedergelegten Grundsatz gehe im Fall einer Mithaftung des Geschädigten der Anteil am Ersatzanspruch auf den Sozialversicherungsträger über, der dem Vomhundertsatz entspreche, für den der Schädiger zum Ersatz verpflichtet sei. Wenn man demgegenüber den ersparten Unterhalt allein dem Hinterbliebenen zugutekommen lassen würde, liefe dies de facto auf ein Quotenvorrecht des Hinterbliebenen hinaus. Dies widerspreche der ratio des § 116 Abs. 3 S. 1 SGB X, denn diese Norm habe das bis zu ihrem Inkrafttreten aufgrund von § 1542 RVO bestehende Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers beseitigt, aber nicht ein neues zugunsten des Geschädigten geschaffen. Die von dem Landgericht angeführte Entscheidung des OLG Hamm sei nicht einschlägig.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2017 die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.670,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass das von dem Hinterbliebenen erzielte Einkommen in erster Linie diesem und nicht dem Sozialversicherungsträger zugutekommen solle. Selbst bei anderer Berechnung bestehe kein Anspruch, da sich die Beklagte zu einzelnen Positionen umfangreich mit Nichtwissen erklärt habe und an einigen Positionen der Berechnung der Klägerin erforderliche Abzüge nicht vorgenommen worden seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge