Leitsatz (amtlich)
1. Auslegung einer ausländischen Rechtsvorschrift, die die Aussetzung bestimmter Zivilverfahren anordnet, als eine von deutschen Gerichten nicht zu beachtende Verfahrensvorschrift, die auch nicht dem Abkommen von Bretton Woods unterfällt.
2. Eine Forderung ist i.S.d. völkerrechtlichen Territorialprinzipes an dem Ort belegen, an dem der Schuldner seinen (Wohn-)Sitz hat. Eine Regel des Völkerrechts, wonach solche Forderungen am Ort einer Zweigniederlasung belegen sein können (Filialdeckungsprinzip), ist nicht anerkannt.
3. Die durch ausländischen Staatsakt erfolgte Übertragung des wesentlichen Vermögens eines ausländischen Schuldners auf ein anderes Rechtssubjekt hat auch dann, wenn damit für den Gläubiger eine faktische Enteignung verbunden ist, nicht zur Folge, dass dem Gläubiger ein Erfüllungsanspruch wegen seiner Forderung gegen das übernehmende Rechtssubjekt zusteht.
Normenkette
GG Art. 25, 100 Abs. 2; EGBGB §§ 6, 34; IWF-Übereinkommen Art. VIII
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.08.2002; Aktenzeichen 2-26 O 95/95) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufungen der Beklagten zu 1. und zu 2. wird das am 26.8.2002 verkündete Urteil des LG Frankfurt - 26. Zivilkammer - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten zu 1. teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 81.118,30 US Dollar nebst 4 % Zinsen seit dem 1.1.1997 zu zahlen und zwar Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen Rechtssubjekte auf den Gebiet der Republik Bosnien-Herzegowina aus dem mit der mit der A Banka OB O1 am 15.7.1987 abgeschlossenen Devisensparvertrag Nr. ..., dem mit der A Banka DD 02 am 17.8.1990 abgeschlossenen Devisensparvertrag Nr. ... (Kontoinhaber: X) und dem mit der A Banka d. d. 02 Glavna filijala O1 am 7.4.1992 abgeschlossenen Devisensparvertrag Nr. ... sowie gegen Herausgabe der über diese Konten vorhandenen Unterlagen (drei Sparbücher und ein Sparvertrag vom 7.4.1992) und eines Nachweises über die Abtretung der Ansprüche der Ehefrau des Klägers an diesen.
Die Klage wird soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2. Richtet, abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der Kläger und die Beklagte zu 1. zu je ½ zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. hat der Kläger zu tragen. Die Beklagte zu 1. hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1. kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe erbringt. Der Kläger kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2. zuvor Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.
Gründe
I. Der Kläger stammt aus Bosnien und ist früherer Staatsangehöriger der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (im Folgenden: SFRJ). Er lebt seit 1967 in der Bundesrepublik und ist inzwischen deutscher Staatsbürger. Die Beklagten zu 1. und 2. sind zwei in Slowenien ansässige Banken. Der Kläger verlangt von ihnen, zum Teil aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau, die Auszahlung von Sparguthaben i.H.v. zusammen 81.118,30 US-Dollar aus Devisensparverträgen, die in der Zeit zwischen 1987 und 1992 von ihm und seiner Ehefrau in Bosnien-Herzegowina abgeschlossen wurden.
In der ehemaligen SFRJ existierten unter dem Dach der A Banka Zdruzena banka 02 (Zdruzena banka = Vereinte Bank), einer Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1., verschiedene sog. Grundbanken in den jugoslawischen Teilstaaten, die ihrerseits Gründer der Vereinten Bank waren. Eine davon war die A Banka Osnovna Banka O1 (Osznova banka = Grundbank, im Folgenden: A OB O1).
Der Kläger schloss am 15.7.1987 bei der Außenstelle O3 A OB O1 einen Devisensparvertrag über US-Dollar für die Dauer von 36 Monaten mit der Vertragsnummer Nr. ... ab. Das Guthaben betrug am 31.12.1996 37.990,55 US-Dollar.
Am 19.12.1989 wurde die Beklagte zu 1. als Aktiengesellschaft (A d. d. 02) aus dem Zusammenschluss der A Zdruzena Banka mit weiteren Banken gegründet und im Gerichtsregister eingetragen. Die Gründung erfolgte im Zuge einer Reform des jugoslawischen Bankensystems. In diesem Zusammenhang war aufgrund eines Vertrages vom 19.12.1989 beabsichtigt, die A OB O1 in die neu gegründete Beklagte zu 1. einzugliedern. Ob dies in der Folgezeit durchgeführt wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die A OB O1 trat jedenfalls in der Folgezeit unter dem Namen A Banka Glavna filijala O1 (Glavna filijala = Hauptfiliale, im Folgenden benannt als A GF O1) auf.
Am 19.8.1990 schloss die Ehefrau des Klägers in der Außenstelle O3 einen weiteren...