Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel; Gaslieferungsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Abgrenzung der Belieferung von Endkunden als Tarif- und Sondervertragskunden

2. Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel in den Geschäftsbedingungen eines Sondervertrages

 

Normenkette

AVBGasV § 4; BGB §§ 307, 135; EnWG § 10

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3-12 O 248/06)

 

Gründe

I. Die Kläger/Klägerinnen (nachfolgend: Kläger) wenden sich gegen die Höhe des von der Beklagten verlangten Gesamtbezugspreises für Gas.

Sie beziehen Gas von der Beklagten zu unterschiedlichen Tarifen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Tarifblatt Sondervertragspreise Stand 1.11.2005 sowie die Klageerwiderung S. 4 f. (Bl. 124 ff. d.A.) Bezug genommen.

Im ersten Rechtszug war unstreitig, dass die Kläger Tarifkunden seien.

Die Beklagte hat ihre Preise zum 1.11.2005 angehoben.

Die Kläger haben auf die Preiserhöhung unterschiedlich reagiert. Teilweise haben sie widersprochen und nur den alten Preis weiterbezahlt, teilweise haben sie widersprochen und einen Aufschlag von (nur) 2 % auf die alten Preise bezahlt, teilweise haben sie auch "die alten Preise" als unbillig gerügt und sich deren Überprüfung vorbehalten (näher Anl. B 6).

Sie haben die Ansicht vertreten, zu überprüfen sei nicht nur die Preiserhöhung zum 1.11.2005, sondern der ab 1.11.2005 geltende Gesamtpreis bzw. der Sockelbetrag. Die Billigkeitskontrolle setze die Offenlegung der gesamten Kalkulation voraus. Die Kläger haben bestritten, dass die Preisanhebung zum 1.11.2005 ausschließlich durch gestiegene Bezugskosten der Beklagten bedingt sei.

Die Kläger haben beantragt:

Es wird festgestellt, dass der durch die Beklagte seit 1.11.2005 verlangte Gesamtbezugspreis für ihr Produkt Gas aufgrund des zwischen ihr und dem jeweiligen Kläger bestehenden Gaslieferungsvertrages unbillig und damit unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klagehäufung und den Feststellungsantrag für unzulässig gehalten und gemeint, aus den anzustellenden Preisvergleichen ergebe sich, dass sie - die Beklagte - marktgerechte, d.h. marktübliche Preise fordere.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung und der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Von den ursprünglich 37 Klägern haben 24 Berufung eingelegt und diese - zunächst im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags - begründet. Mit Schriftsatz vom 22.12.2008 haben die (Berufungs-) Kläger erstmals behauptet, sie seien nicht Tarif-, sondern Sondervertragskunden der Beklagten. Dies ergebe sich aus einer - erst jetzt aufgefundenen - Korrespondenz eines der Kläger mit der Beklagten aus dem Jahr 1990, aus welcher hervorgehe, dass die Beklagte im Wege der Änderungskündigung eine neue Preisanpassungsklausel eingeführt habe (Bl. 351 ff. d.A.). Die auch heute noch in den Bedingungen für die Erdgaslieferung nach Sondervertrag verwendete Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei gem. §§ 305, 307 BGB nichtig.

Die Kläger beantragen nach Rücknahme der Berufung durch die Berufungskläger zu 3) und 4)

1. nach ihrem Antrag 1. Instanz zu erkennen;

2. hilfsweise

festzustellen, dass die durch die Beklagte ggü. den Klägern in ihren Sonderverträgen für Erdgas verwendete Preisgleitklausel:

"3. X wird den Erdgaspreis unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung für die Bereitstellung von Erdgas und der jeweiligen Verhältnisse auf dem Haushaltswärmemarkt in der Regel zum 1.4. und 1.10. eines Jahres festsetzen. Preisänderungen zu anderen Terminen bleiben vorbehalten. Preisänderungen werden in der Tagespresse des Versorgungsgebietes öffentlich bekannt gegeben."

unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens in erster Instanz und meint, der neue Vortrag zum Vertragsstatus der Kläger sei nicht zuzulassen. In der Sache sei er überdies unzutreffend, weil sie die Kläger zu ihren, der Beklagten, allgemeinen Tarifen als Tarifkunden beliefere.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist in der Sache nach dem Hilfsantrag begründet.

1.a) Die Beklagte hat ihre Bedenken gegen die Zulässigkeit der "Sammelklage" und des Feststellungsantrags in der Berufungsinstanz zu Recht nicht wiederholt.

Insoweit hat schon das LG das Erforderliche ausgeführt.

Die Kläger machen im Wesentlichen gleichartige Ansprüche geltend (§ 60 ZPO). Die Voraussetzungen sind im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit weit auszulegen und immer dann zu bejahen, wenn eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung zweckmäßig ist. Dass gegenüber einzelnen Klägern möglicherweise ein unterschiedlicher Prüfungsmaßstab in Betracht zu ziehen sein könnte, ist ebenso unerheblich wie etwa eine unterschiedliche Antragstellung (Zöller/Vollkommer, ZPO,...

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